Rosmarie Waldrop: Das Proben der Symptome, herausgegeben und übersetzt von Ann Cotten
Rosmarie Waldrop: Das Proben der Symptome. Das allerneueste Buch von Rosmarie Waldrop erscheint zweisprachig als roughbook, zeitlich parallel zur deutschen Übersetzung eines frühen Werks, dem Roman "The Hanky of Pippin's Daughter" bei Suhrkamp - eine Einladung, sich mit dem Gesamtwerk der Dichterin neu auseinanderzusetzen. Die 2019 erschienene Textsammlung zeigt Waldrop in Bestform, unvergleichlich fein, zügig, konzentriert, in treffsicheren Sätzen auf den Punkt bringend, was lange Essays verpeilen können. Ihre Kunst der Realisierung schenkt Motive und Wendungen, die das Herz wie mit dem Schraubenzieher umdrehen. Zugleich vertraut und fremdelnd mit Welt wie mit Jenseits, hält sie sich an den Worten fest, die ihr als Anker dienen, die wie Blätter sind, die sich im Wind drehen, in Haufen fallen, neu hervorkommen nach selbem Bauplan in frischen Jahren. "Alles Metaphysische," schreibt sie, "lebt in der Grammatik", die Grammatik aber lebt im Körper, der Körper im Geist. Diese ménage à trois portraitiert sie hier in der guise von Symptomen, situiert in ihrem Leben, in Miniaturen, deren Statements alle Scharniere sind, Türen, Stimmen; wo die Wirklichkeit landen kann, mitten im Realismus, mitten in der Möglichkeit, mitten im gewissen, zeitoffenen Tod. Diese Sammlung von 11 "Symptomen", einzeln wie als Ganzes frappierender Text, wird immer ärger, je öfter man ihn liest.