Michael Ebmayer

Fetischmarkt




Die Bratwurst bei der wir uns kennenlernten
Bewahre ich immer noch auf
Auch die Kratzspuren vom gemeinsamen Apfelernten
Und die drei Pudel die wir zusammen entkernten
Selbst die Schokomedaillen vom Sparkassenlauf

Beim Sparkassenlauf waren wir chancenlos
Auch nach Stunden am Expander
Doch bei der Siegerehrung brauchten wir bloß
Zwei Revolver zu zücken: «Medaillen her los!»
Das schweißte uns noch fester aneinander

In der Zoohandlung wieder Waffengewalt
Kleintiere sind ein Geschäft
Und ein Pudel ist mehr als ein Monatsgehalt
Wir nahmen gleich drei mit und duschten sie kalt
Und haben begeistert mitgekläfft

Vor der Apfelernte liebtest du mich
Auf einem Pudelfell
Bis der Beelzebub blödäugig um uns schlich
Da packten wir ihn bürsteten ihn gegen den Strich
Seit jenem Tag wurde es nie wieder hell

Die Äpfel waren von mildester Reife
Mit Ausnahme ihrer Krallen
Und schmeckten wie edle Duftblumenseife
Was störte uns da ihr empörtes Gekeife
«Halts Maul Obst» hör ich uns heute noch lallen

Knapp zwei Wochen später am Bratwurststand
Gegen zwei Uhr am Nachmittag
Es war dunkel wie immer und in deiner Hand
Pommes rot und ein Rest Klebeband
Da geschah es ich weiß nicht woran es lag

Plötzlich entfuhr mir das einzige Wort
Das unsere Freundschaft für immer beenden mußte
Ich wiederhol es hier nicht doch du gingst sofort
Aus dem Leim wie ein Hefeteig und Ort um Ort
Wurde dann die Welt Brot und das Wort wurde Kruste

Jetzt sitz ich allein auf der letzten Scheibe
Meinen Leib als Gedächtnis krank wie nie
Wobei ich verhalten am Klebeband reibe
Und leis mit dem Zeh ins Mehl unter mir schreibe
Unwägbar bleibt jede Form von Magie



Michael Ebmayer in ZdZ 18


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