Birgit Kempker

Und mimt die Enthüllung als Hülle




Was nicht wahrgenommen wird ist in Frieden. Wird es wahrgenommen, spaltet es sich. Wie die Dinge sind, wenn sie nicht wahrgenommen werden, wie sie nicht wahrgenommen werden, wo sie sind, wo sie nicht wahrgenommen werden, wer das fragt, wer nicht wahrgenommen wird, das sind Ungereimtheiten. Im Raum.

Genauer: wie die Tür also, wenn die Tür keine Tür, für mich nicht und für die Tür nicht, für niemand, wie der Fluss, wenn er kein Fluss, für mich nicht, für den Fluss nicht, nämlich für niemand und wie ich, wirklich niemand für niemand, wie die Wahrnehmung, wenn sie für die Wahrnehmung nicht, also: kein mich, kein ich, keine Wahrnehmung, kein Fluss, keine Tür, wie diese Keins sich untereinander verhalten, das sind Bewegungen im Raum. Im bewegten Raum. Ohne Beweger.

Genauer: diese Bewegungen sind Gegenstände im poetischen Raum, genauer im Sinn von vage, poetisch im Sinn von sich selbst erzeugend und in dem Sinn, wie sich jemand, den ich mir vorstellen kann, poetisch vorstellt, also: wie sich jemand vorstellt, wie etwas ist, wenn es poetisch ist und in dem Sinn reizvoll. Im reizvollen Raum.

Genauso wie ich diese Gegenstände nicht Fluss, nicht Tür, wie ich sie Keins nenne, nenne ich den Raum der Keins poetisch, weil ich mir jemand vorstellen kann, der sich etwas unter poetischen Räumen vorstellen kann. Ich nicht.

Jemand stellt sich vor, jemand würde sich poetische Räume vorstellen, auch ich stelle mir das vor, schon sind wir zwei, schon sind wir jemand und ich, wir sind in einem Raum, den wir uns vorstellen, dass wir ihn uns vorstellen.

Ich sage, jetzt stellt sich jemand bitte einen Apfel vor. Eben noch war jemand niemand, oder, jemand war eben noch eine friedliche Person. Jemand sass da, war niemand, oder, jemand sass da, war eine Person und jetzt sitzt jemand da und ist niemand, also: jemand ist eine Person mit einer Aufgabe, einer Vorstellungsaufgabe und schon ist jemand viele.

Wenn eine Person eine Person mit einer Vorstellungsaufgabe ist, heisst das: jemand ist eine Person, die eine Person beobachtet, wie sie sich etwas vorstellt und gleichzeitig sieht, wie sie unter der eigenen Hand viele mit vielen Händen wird.

Möglicherweise, die wirklichste, daher reizendste Weise unter den möglichen Weisen im poetischen Raum, möglicherweise ist jemand jetzt schon zu dritt. Oder jemand sagt: nein, ich stell mir das nicht vor, dann ist jemand eine Person, die sich vorstellt, sich etwas nicht vorzustellen, was ich mir vorstelle, dass sie sich jetzt vorstellen soll, eine Person, die sich vorstellt, nicht jemand zu sein, den ich mir vorstelle, der sie sein soll. Jemand kann auf diese Weise sehr viele sein.

Nicht nur die Äpfel, die jemand sich vorstellt, spalten sich dabei, ein Boskop, ein Adamsapfel, ein Evaapfel, ein Holzapfel, ein Kirmesapfel, pro Apfel spaltet sich jemand mit und wenn jemand nicht stoppt, z.B. um einen Apfel zu essen, eine weitere Form der Spaltung, oder, um sich etwas anderes vorzustellen, z.B. Pferdeäpfel, wenn jemand immer weiter macht mit Äpfel Fällen, mit Schneeapfel und Schneerosenrot, mit Apfelbrüsten, Apfelblüten, mit Apfelschnaps, Apfelkompott, rheinisches Apfelkraut, apple pie, Apfelsinen, dann ist jemand bald sehr bevölkert.

Jemand ist in vielen Räumen gleichzeitig, in botanischen, in erotischen, in geologischen, in symbolischen, in medizinischen, in Kirchenräumen, in Märchenräumen, in Mädchenträumen, in Giftschränken, Tabernakeln und auf der Kirmes. Looping.

Die Zustände dieser Jemands poetische Zustände zu nennen, ein Einschub: ein poetischer Zustand sind immer poetische Zustände, dies Nennen wäre eine Hilfskonstruktion. Nennen ist den Platz frei halten. Freiheit ist Raum.

Nana. Ich könnte auch sagen, poetisch, das ist, wenn jemand sich im Kriegszustand befindet, weniger poetisch gesagt, als der Zustand, den ich möglicherweise meinen kann, nicht meinen kann ich, dass, wer im Kriegszustand ist, sich in einem poetischen Zustand befindet, was ich aber sage ist: Zustand ist poetisch, per Zustand. Zustand gibt es nicht. Zustand ist eine Erfindung. Zustand ist immer Zustände, Übergänge, Möglichkeiten.

Das ist nicht nur was für Papier und schöne Zeiten. In Zeiten der Gefahr für Körper und Geist, kann der Geist den Körper mit zu sich in andere Gegend retten oder aufbewahren und umgekehrt. Wenn die vermeintliche Einheit des Körpers, des Geistes, der Ort, der Zeit bedroht sind, stell ich mir vor, hat jemand Angst. Wenn jemand Angst hat, kann er um so mehr an dem, vor dem er Angst hat, dass es sich auflöst, daran festhalten oder jemand kann es gerade deshalb oder nach dem Festhalten um so mehr los lassen.

Jetzt stelle ich mir bitte jemand vor, der: poetisch gesagt, sagt, mit dem also das Vorurteil spricht. Vorurteil ist von Vorteil, wenn Verlust als Absicht vorliegt. Nana. Mit Vorteil wirkt das Vorurteil in Richtung Verlust. Verlust von Teilen. Von realen Teilen im verurteilten Raum.

Was ist der Unterschied zwischen poetisch als Wort und poetisch als poetisch. Was sind Unterschiede wert, wenn sie ein Wort von sich selbst unterscheiden. Und doch, was ist der Unterschied zwischen poetisch.

Poetisch, klar, das ist ein Wort, sagen wir, was wir sagen, ist: Nebel ist poetisch. Lasst uns Beispiele suchen, sagen wir, poetisch, das ist: im Nebel stehen, diese Sorte von Klarheit.

Bleiben wir beim Looping. Bleiben wir beim Hund. Wenn der Hund sich in der Landschaft versäubert, ist es prosaisch und Ausdruck der Verklemmung im Ausdruck und zwar den prosaischen Seiten im Leben gegenüber, sagen wir, dass jemand das sagt, den wir uns im verurteilten Raum vorstellen.

Regel 1: Räume, die wir nennen, sind verurteilte Räume.
Regel 2: Räume, die wir kennen, sind Räume die wir nennen.
Regel 3: Räume, die wir uns vorstellen können, haben Grenzen.

Wenn der Hund sich im Nebel versäubert, dann ist es mehr prosaisch, als poetisch. Zu nennen. Nennen im Sinn von Verurteilen. Wenn der Hund sich im Nebel versäubert, verwirren sich poetisch und prosaisch zu einem Knäuel. Damit spielt die Katze. Das Austauschen von Tieren nützt dem Notstand der Benennung nicht. Benennung ist per Benennung Notstand, das heisst: Unterscheidung. Drum lasst uns Freunde hurtig Regeln finden.

Solche Regeln können aufeinandergestapelt sein. Solche Regeln können aufeinandergestapelte Freunde sein. Solche Freunde können Tiere sein. Was die Freunde suchen ist ein Haus zum drin fröhlich Freunde sein.

Regel 1: eine Regel kann ein Looping sein. Lupus. Siehe: der Wolf
Regel 2: eine Regel kann ein Haus sein.
Siehe: Bremer Stadtmusikanten.
Regel 2. 1: in eine Regel lässt sich von aussen einsehen, wenn man Freunde hat.
Regel 3: es kommt mehr auf das Handeln an als auf den Ort der Handlung, ob etwas prosaisch oder poetisch zu nennen ist. Nennen im Sinn von Verlust.
Regel 4: es kommt mehr auf den Handelnden an, genauer: es kommt mehr darauf an, wo der Handelnde herkommt. Wenn er aus den Träumen kommt oder aus den Märchen, wenn er aus einer sogenannt poetischen Gegend kommt, aus einer wahrscheinlich selbsternannten, poetisch genannten Gegend, zwei Einschub: Regel 3.1: was eine poetische Gegend ist, sieht von innen oft ganz anders
aus als von aussen, wenn er aus einer poetisch genannten Gegend kommt, einer wenn immer womöglich selbsterzeugten und sich selbst erzeugenden Gegend, dann, in Sachen Hund im Raum, ob er nun im Nebel die Hinterbeine knickt und kackt oder bei Schnee, ist es nun ein Mondhund, ist es einer von den drei Hunden mit Untertassen grossen, mit Unterteller grossen, mit fliegenden Untertassen grossen Augen, alle drei hintereinander unter dem Baum das Loch runter tief in die Erde, alle bewachen den Schatz, dann ist die Situation, der Situation des Tatbestands des Versäuberns des Hundes zum Trotz, poetisch.

Wenn der Hund das Bein gegen den Zaun des Nachbarn presst und dies in diesem Leben wo das Sterben sterblich ist und wenn was dabei raus kommt zwischen den Maschen hängt und da ein Muster baut, dann ist es streng genommen poetisch. Streng gegen den Menschenverstand genommen. Verlust ist Vernunft.

Das Vitale deckt gern das Abstrakte, wie der Hund gern den Zaun, wie der Kot gern die Maschen und die Maschen gern den Zaun. Das Leben sucht gern Vergleiche. Siehe hier. Das Leben frisst gern unter dem Zaun. Der Hund deckt das poetische Feld prosaisch. Der Hund setzt dem Muster vom Zaun ein Muster drauf. Weil: er muss mal. Weil: die Schranken fallen. Weil: der Fall ist der kürzeste Weg.

Weil: prosaisch, poetisch, der Kot, der Nebel, der Zaun, das Muster, der Hund, der Notstand der Benennung des Umstands, dem Ereignis die Partitur nachträglich und der Partitur das Vorzeichen setzen, das heisst: dem Notstand sein Ständchen bringen, das ihm zu steht. Ekelhaft. Heidegger.

Weil, Dur, Moll, Stakkato, Vorzeichen sind Kategorien. Kategorien schneiden sich gern, wie die Kacke den Zaun und die Freude des einen am Muster, den Ärger des anderen am Kot, wie Kacke und Kot. Die Spannung ist da. Der Frieden ist hin. Der Raum ist voll. Reiz ist Raum. Die Sprengung sucht das Objekt. Sprengung ist Spaltung. Schon steht eine Brücke.

Schon steht eine Brücke rüber zu Krieg und Frieden. Krieg und Frieden kommt in verschiedenen Räumen vor, diesseits und jenseits von Brücken. Krieg und Frieden als Titel. Krieg als Vater aller Dinge, als viel und immerzu als falsch zitiertes beschimpftes Zitat. Als armer Heraklit. Frieden als Friede Freude Eierkuchen. Frieden als etwas, was es nicht gibt, weil es nur das gibt, was es für uns gibt, das heisst, was wahrgenommen wird.

Und wieder: sobald etwas wahrgenommen wird, spaltet es sich, parallel dazu spaltet sich das, was wahrnimmt. Jemand ist immer gespalten, wenn er jemand ist, was nichts macht, weil pro Universum bleibt jemand dieser jemand sich selbst und dem Universum treu, das heisst: treu als jemand erhalten. Einfältig lege ich hier die Physik aus auch als Karte und als möglicher Teppich für das Begehen von Räumen. Einfältigkeit ist nicht leicht.
Regel 1: Wir begehen.
Regel 2 : Wir wiederholen.
Regel 3: Teppiche fliegen.
Regel 4: So wie es Flucht gibt in Räumen, gibt es Fluchten von Räumen. Fluten, Furcht und Früchte. Punkte und Licht. Einstiegsluken.
Regel 5: Wie etwas ist, wenn es nicht wahrgenommen wird: in Frieden.
Regel 6: Wie etwas ist, wenn es wahrgenommen wird: Kollaps.
Regel 7: Wenn ist was.

Einfältig soll der Geist sein, sagt die Physik. Wer eine bestimmte Form der Einfältigkeit sucht, soll mit einer unbestimmten beginnen. Im Fall der Einfältigkeit meiner Auslegung, ist es die, die mir gefällt. Es ist die, mit der ich beginne. Wir nehmen was wir haben, sagt die Physik.

Die Einfältigkeit legt ganz einfach das vermeintliche Eine in Falten. Die Einfältigkeit, die das vermeintliche Eine in Falten legt, ist in jeder einzelnen Falte eine einzige Einfältigkeit und aber nicht einzeln. Diskret, aber nicht allein. Die Einfältigkeit betreibt in sich selbst das Verhältnis zur Welt.

Die Welt dauert jeweils 30 Millisekunden. Das ist die Gegenwart. Ereignisse unterhalb von 30 Millisekunden werden als ein einziges Ereignis wahrgenommen. Die Einfältigkeit dauert immer. Das ist ihr Vorteil. Eine Einfältigkeit kann 1 Millisekunde dauern, nur: sie kann es nicht berichten.

Die Form der Einfältigkeit einzeln zu sein, ist die, für die Form nicht das richtige Wort ist. Auch Formlosigkeit nicht. Die Einfältigkeit ist solcherart auf jede einzelne Art einzeln, dass sie von ihrer Einzelartigkeit nichts weiss und weiss zugleich, sie ist einzeln und zusammen. Sie ist ein Faltenwerk. Sie ist ein Stück Fleisch. Jeweils ein Stück und ein Stück Fleisch. Ein Kunststück. Eine Art Fakt. Sie ist der Stoff, aus dem die Träume sind, in dem die Räume sind und der Stoff. Sie ist die Tür.

Anders gesagt: wenn der Geist die Vielfältigkeit erkennen will, muss er einfältig sein. Er muss sich selbst als auf verschiedene Weisen vorhanden erkennen können, ohne jede von den Weisen genau sehen zu wollen und zu müssen. Ohne die verschiedenen Weisen zu einem Ganzen überlappen zu wollen und zu müssen zwecks Zwang. Zwecks Zwang zur Einheit. Zwecks Übersicht. Zwecks Konstruktion. Zwecks Illusion von dem was ist. Was wäre.

Regel 1: Luke ist Lücke.

Anders gesagt: etwas so wahrnehmen, als ob es nicht wahrgenommen ist, lässt es sein.

Regel 2: wenn etwas ist, ist es wahr.

Anders gesagt: etwas wahrnehmen, heisst: etwas wahrnehmen in dem ich etwas anderes wahrnehme, damit etwas anderes parallel dazu wahrgenommen werden kann, die Wahrnehmung entschärfen, wegen einer anderen Form von Schärfe. Eine aufnehmende Schärfe. Nicht stechend. Nicht schneidend. Ein konvexes Konkav.

Eine andere Form von Schärfe ist die erotische Unschärfe. Eine Form der erotischen Unschärfe ist der Wechselblick. Rechtes Auge, linkes Auge, das auf diese Art beäugte in Ruhe in Unruhe sehen und versetzen. Eine andere Form ist das Schielen, das sanfte Abgleiten vom Gegenstand. Eine bestimmte Form von Schielen ist der Silberblick.

Anders gesagt: grosse Einfältigkeit ist Einfältigkeit der Grossen. Grösse nicht im Sinn von Grösse der Stirnlappen, sondern, was sich damit abspielt. Grosse Einfältigkeit ist Einfältigkeit ohne Kollaps. Kollaps ist eine Form des Lappens, des Übereinanderlappens als Katastrophe und Kollaps ist eine Form des Überlebens als Form. Des Überlebens als Ich als Form. Ich als die für mich ganz übliche Katastrophe.

Anders gesagt: grosse Einfältigkeit vergisst sich. Grosse Einfältigkeit weiss nicht, dass sie weiss, was die eine Hand tut, während die andere Hand nicht weiss, was die andere tut. Grosse Einfältigkeit ist lebenstechnisch von Vorteil, also: klug. Klug ist es auch, wenn die Grösse der Einfältigkeit immer genau mit der Einfältigkeit mit wächst, so, wie es klug ist, die Stirn beim Klugsein nicht krauser zu ziehn, als sie die Grösse für Falten hat. Zieht sich eine Stirn mehr Falten zu als sie den Falten Stirn bieten kann, also: zuviel Falten bei zu wenig Grösse der Stirn, dann Notstand. Benennungsnotstand. Explosion. Implosion. Überschwemmung. Benennung.

Im lebenstechnischen Sinn, lebenstechnisch immer im Sinn von: überlebenstechnisch, lebenstechnisch gesehen ist es klug, nicht klug zu sein, also:

Regel 1: sei ohne Einfältigkeit, weil dann nichts mitwachsen muss.

Lebenstechnisch ist hässlich als Wort und als Technik. Die Hässlichkeit ist ein Vorteil. Sie ist schnell bei der Hand. Sie ist schnell von der Hand, was lebenstechnisch schon schön ist, mit dem Hässlichen schnell fertig sein.

Genauso, wie es im Raum verschiedene Räume gibt gibt es in der Einfältigkeit verschiedene Einfältigkeiten, wie es im Leben verschiedene Leben gibt, wie es in verschiedenen Leben verschiedene Techniken gibt und manche sind lebendiger als andere.

Jemand sagt, gut, ich stell mir den poetischen Raum als Raum voll Raum vor, als Reiz, nur, wie sind denn bitte die reizenden Dinge da reizend? Vage sind sie da, genauer, sie sind da vor lauter Genauigkeit vage, sie sind da vage im Sinn von real.

Etwas aus der Wahrnehmung entlassen, heisst, es lieben. Das Gegenteil schiene vernünftig. Etwas wahrnehmen, zu etwas sagen, ja, du hast vier Beine, ja du bist ein Hund, ja, du hast eine schöne Stimme, du bist meine Frau, es schiene vernünftig zu sagen, das geht eher in die Richtung von Liebe, als das Gegenteil. Es scheint vernünftig zu sagen, Liebe ist eine bestimmte Vernunft.

Etwas aus der Wahrnehmung entlassen, heisst, es töten. Es töten, kann heissen, es sterben lassen. Es aus meinem Kreis entlassen. Aus meinem Zauberkreis. Der Verbannung.

Gänzlich aus der Wahrnehmung herausgefallen zu sein, keine Eigenwahrnehmung, keine Fremdwahrnehmung, keine Wahrnehmung für mein Bein, keine Wahrnehmung für meinen Fuss, das heisst in Räumen, in denen Sterben sterblich ist, sterben. Was ein Fall von Fallen ist. Was heissen kann, buchstäblich hinfallen, sich nicht halten können. Im Sterben hält das Fallen die Richtung nicht ein.

Wenn der Körper den Körper los wird, wenn der Körper aus der Wahrnehmung entlassen ist, löst er sich vom Grund und steigt hoch, was Entgrenzen, grundlos glücklich entgrenzen heissen kann, wovon grunzen stammt, was in den dicken Stoff vom Fleisch die frohe Schneise schlägt. Wie den Tunnel unter den Baum. Siehe oben: grossäugige Hunde.

Etwas aus der Wahrnehmung entlassen, heisst auch, es preisen. Es ansingen. Beschreiben. Mit vielen Namen nennen, es ins Licht bugsieren und in Dunkelheiten. Etwas sehn, heisst auch, haarscharf an etwas vorbeisehn. Von etwas absehn, um es sichtbar zu machen, was heisst, es der einen Sichtbarkeit entreissen, zum Beispiel der, die verschlingt, was sie sieht. Die Dichter preisen gern. Den Mond kümmert das nicht. Der Mond ist eine Ausnahme.

Du sollst den Tag nicht vor dem Abend preisen, heisst es. Vom Preisen heisst es auch, Preisen heisst, den Gegenstand des Preisens verraten, dem Geheimnis entreissen, preisgeben, blossstellen, das Gepriesene steht nackt in der Luft vor allen Leuten und friert, heisst es, es preisen, heisst, es nicht lieben, heisst es und dass, wo der Dichter was nennt, kein Kraut wächst, ausser siehe: Mond.

Es heisst auch, du sollst enthüllen, was du nicht enthüllen darfst. Du sollst sagen, was du nicht sagen darfst. Du sollst es bis auf die Knochen ausziehen und siehe da, ein neues Kleid steht dem Knochen. Der Knochen ist nicht blöde. Er nimmt, was er kriegt. Wenn es Enthüllung ist, wenn es Trennung ist von Fleisch, Blut, Venen, Muskeln, Adern, Gefässen, dann weg damit, dann sagt der Knochen, da es nun mal geschieht: ja und nimmt die Enthüllung als Hülle.

Wer etwas viel und oft erbarmungslos enthüllt, immer wieder, auf verschiedene Weisen, der bastelt an einer neuen Hülle, die dichter hält, als die, aus der er das Enthüllte entlässt.

Der poetische Raum ist nicht autonom. Jetzt ist es gesagt. Er ist ein Raum unter Räumen. Das, was er nicht ist, ist das, was er ist. Netter gesagt, das, was er nicht ist, ist nötig für das, was er ist. Der poetische Raum ist nicht autonom, heisst nicht, er ist grausam. Er schlägt nur vor.

Der wirklich poetische Raum entfaltet sich da am liebsten, wo er incognito ist, unvermutet, wo es nicht seine Regeln sind, die das Spiel bestimmen, also: in der Wirklichkeit, wo er wirklich wirkt.

In der sogenannten Wirklichkeit, also: im verurteilten Raum. Nicht im Gedicht. Nana. Mit Vorurteilen spielt man nicht. Der verurteilte Raum sitzt auch im Gedicht, also: das Gedicht sitzt Gericht über den verurteilten Raum per Gedicht. Es teilt Strafen aus, Strafräume zu und teilt die Zeit in Strafzeiten ein. Das Gedicht ist streng und gerecht. Nana. Der Trick vom Gedicht ist: ich bin klein, ich bin rein. Ich schmuggle mich in deinen Kreislauf rein. Alle Macht den Grossen. Doch gross ist gross. Macht ist Macht. Hose ist Hose.

Das Gedicht kann die Wirklichkeit sein und umgekehrt. Nana. Das Gedicht ist das Gesicht der Wirklichkeit im Sinn von Spiegel, Spiegel im Sinn von Spiel.

Dochdoch. Der poetische Raum bestimmt öfter das Spiel, als wir denken. Das liegt auch am Denken. Dass wir gern denken wollen, er sei autonom, er entfalte sich einzig, artig und allein aus sich selbst heraus, das ist nette anthropomorphe Sicht auf Gedicht, wie zum Beispiel im Mond Gesichter sehen und in etwas, zu dem wir sagen, es ist schön, das sehen wollen, was wir gerne selbst wohl wären.

Autonomie gibt es nicht. Nirgends. Leider. Auch nicht bei den Automaten. Auch nicht wer seinen eigenen Brunnen gräbt. Was es gibt ist die Automanie. Der wirre Wunsch nach sich selbst ohne Zeugung, Zuckung und Zugang. Wirr im Sinn von verständlich.

Regel 1: Komplett sein ohne Komplexität, das ist der hartnäckigste Komplex der Menschen, der Harmoniekomplex.

Für das Denken ist das Spiel im poetischen Raum schwer zu fassen. Ist es in die Schublade gesteckt, ist die Schublade der Aal und entwischt dir. Ist der Aal erwischt, ist es dein eigener Arm. Jetzt hab ich dich, denkt das Denken. Jetzt erwisch ich dich dabei, das zu sein, mit dem ich dich erwische. Pustekuchen. Der Arm wird lang, dünn und rauscht. Aha, Wald, denkt das Denken, denkste Puppe, denkt das Denken, Pappeln.

Im Gedicht liebe ich Nebel nicht. Das Gedicht kümmert das nicht. Aber mich. Weil ich nie weiss, wann ich in einem Gedicht steh, wann nicht. Ob ich der Wirt bin oder das Tier. Es ist wie mit der Sonne und Van Gogh und den Sofas. Für Nebel ist es keine gute Form aufgeschrieben zu sein. Das sieht man ihm an.

Es mag die Aufgabe der Worte sein, die Wirte kalt zu stellen. Allzu heiss ist die Welt. Das nämlich heisst heissen. Das Wort kühlt die Welt ab auf den uns erträglichen und ähnlichen Zustand. Zustand ist hier Temperatur. Erträglichkeit im Sinn von Ähnlichkeit.

Wenn der Nebel der Wirt ist, ist das Wort das Tier. Der Nebel als Nebel ist der ideale Wirt für das Wort als Wort. Der Nebel als Nebel ist eine gleitende Kontur. Was ein Vorstellungsungeheuer ist als Wort, ein Getümmel als Handlung und ein Himmelungetüm als Tier. Hier ist das Tier der Wirt. Hier wird der Wirt zum Tier. Eigentümlich.

Der Nebel als Nebel als Wirt füttert jedes Tier. Der Nebel als Nebel als Wirt umhüllt die Stirn und füttert sie. Der Nebel als Nebel als Wirt ist der Wirt per Wort. Er ist aber der Wirt als Wirt und als Wort. Der Nebel ist ein reizendes Subjekt. Voll Reiz im Sinn von Raum. Umgekehrt auch.

Wer Langstrumpf Pipilotti kennt, kennt den Spunk. Der Spunk als Wort ist der Wirt für allerhand Spünke als Spunk. Spunk kann sein, was Langstrumpf Pipilotti jeweils will, es sei Spunk. Das Pferd ist Spunk. Die Blume ist Spunk. Der Hunger ist Spunk. Hier ist der Spunk als Spunk als Wort der Wirt für das, was Wirt wird: Spunk.

Hier in Sprache weiter machen könnte schwierig sein. Wenn ich immer sagen muss, wer ist der Wirt, wer ist das Tier und in welchem Sinne wer wer mit wem, wer wessen Bett, Beute und Nahrung, wer der Magen von wem und wer spricht. Es wäre die grosse Schnatterstunde der Gänse per Füsse.

Jedes Tier und jeder Wirt, jedes Wort und jedes Ding in jedem Raum haben eine Haut. Basta. Und aus Gänsefüssen. Wir sagen Aura dazu, Ätherleib, Heiligenschein, wir sagen: Seele, Ausstrahlung, Aureole, wir sagen: Hof, Saum und Hauch, wir sagen: Schein, Rauch, Schrift und Zeichen, etc. pp., was immer wir dazu sagen, betrappelt werden wir doch, Tag und Nacht.

Regel 1: Tröpfel bei jeder Tasse den hungrigen Geistern einen Tropfen.

Kantipper, Kantapper, reich mir die Schlappe, plappert der dicke fette Pfannekuchen auf seiner Reise, pantapper, pantete, ich hab keine Knete, pantapper, pantene, weh tun mir die Bene.

Aber ich, ich werd nicht betapert, nicht Tag, nicht Nacht, wer das jetzt sagt, der soll mal an den dicken fetten Pfannekuchen denken, der das mit Huf und Recht auch von sich nicht sagen täte, stünde es nicht so schlecht um ihn, nämlich: geschrieben.

Jetzt sage ich, jetzt legt sich bitte jemand plan in den Salon auf den Bauch. Jetzt lässt sich bitte jemand von kleinen Damenfüssen zwecks Anschaulichkeit den Rücken abtapern. Jetzt nimmt sich bitte jemand selbst die Haut in die Hand. Jetzt rubbeln. Jetzt glühen. Jetzt leuchten. Da steht sie da, die Ausstrahlung aus erster Hand und Füssen: die zweite Haut.

Wir stecken in vielen Häuten und das macht viel Angst. Angst ist das, was ist, wenn wir kein Wort für das hätten, was wäre; was schön ist, Schönheit macht Angst.

Die Gänsefüsse sind uns ungezählt und ungezähmt vor den Anzug gespannt. Die Gänsefüsse sind uns unermüdlich beigegeben. Die Gänsefüsse bestellen uns die Welt. Die Gänsefüsse ziehen uns in den Raum. Die Gänsefüsse fliegen auch. Die Gänsefüsse sind unser Raum. Die Gänsefüsse trappeln zärtlich unsere Grenzen ab. Wir mögen Grenzen. Wir mögen Zärtlichkeit.

Regel 1: beim Engel heisst der Gänsefuss Flügel.
Regel 2: das Pferd mit Gänsefuss heisst Pegasus.
Regel 3: wir mit Gänsefüssen sind endlich so weit wie wir sind.
Regel 4: die Gänsefüsse trippeln uns einen Strudel und saugen uns rein.
Regel 5: die Gänsefüsse trippeln uns eine Backe und pusten uns raus.
Regel 6: die Gänsefüsse sind konvex und konkav.
Regel 7: die Gänsefüsse sind jeder für sich und allein und alle zusammen als Bewegung. Ohne Beweger. Im Raum.
Regel 8: du sollst deinen Gänsefuss mögen.

Jetzt sage ich, jetzt bitte stellt sich jemand das Looping vor. Jetzt bitte stellt sich jemand vor das Looping hin. Jetzt bitte reisst das Looping den Rachen auf. Jetzt frisst dich das Looping auf.

Bleiben wir dabei. Ich mag meinen Nebel nicht im Gedicht. Zappel nicht, sagt das Gedicht.

Regel 1: Gedicht kommt von Gericht.

Ich mag die Dinge nicht da, wo sie hingehören und es gibt ja nichts, was nicht ins Gedicht gehört. Wo die Regel klipp klapp auf dem Tisch liegt, ist der Verstoss ritsche ratsche mitgekauft und der Daumen geschnitten.

Regel 1: was das Gedicht beisst das bricht es.

Wer die Türen aus den Angeln hievt, die danach schreien, das ist Gratismut, schreit der Volksmund. Wer sich wirklich traut, hievt jede Tür. Wer die Tür einrennt, die offen steht, das ist Tautologie, das ist mit offenem Herz der Wirklichkeit ins Messer laufen. In der Einstechstelle findet die Wirklichkeit Anschluss an sich. Davon wird sie nicht besser. Aber rund.

Hieven und Rennen sieht nach Mühe aus. Mühe sieht nicht leicht aus. Atmen sieht leicht aus. Atmen bindet sich feinen Stoff auf den Buckel ohne zu binden und reitet die Tür Tür für Tür durch die Tür ohne zu reiten.

Das ist der Stoff, aus dem wir sind: Gänsefüsse. Schritt für Schritt. Innen und Aussen. Wir sind in Bewegung. Wir sind Raum.

Es ist die Tiefe unter den Füssen, die trägt. Es sind die Füsse, die getragen sind, die fallen. Füsse, die getragen sind, fallen mit süssem Fallgefühl. Mit süsser Freude, jetzt, gleich, falle ich tief in die Welt. Wenn der Körper Gänsefüsse sind, um so schneller, was heisst: unter Unterschieden zu Hause.

Schiess nicht in die Luft, wenn du drunter stehst, sagt Woody Allen, als er in die Luft geschossen hatte, drunter stand und davon rot geworden war am Ärmel, vom Blut der toten Taube. Wer nicht fällt auf den fällts runter.

Tiefe ist ein Wort für viele Falten. Falle ist ein Wort für Tür. Einfach und von vorn in die offene Tür rein gehen, das sieht leicht aus. Der poetische Raum ist eine offene Tür in genau diesem Sinn von ganz genauer Leichtigkeit, die uns in dem Masse schwer vorkommt, wie schwer wir uns selbst erscheinen, im Sinne von: wie schwer es uns scheint, dass wir sind. Es ist aber leicht. Vielzu leicht.

Regel 1: Wer eine offene Tier herzlich rammt, der wird von ihr dafür tüchtig aus den Angeln gehievt, was unter den Achseln kitzelt. Vom Lachen öffnet sich die Tür von allein.
Regel 2: wir zählen Beispiele.

Beispiel 1: es waren einmal ein Mann und eine Frau. Die Frau liebte das Gedicht am liebsten natürlich im Gedicht und der Mann liebte das Gedicht natürlich im Gedicht lieber nicht. Lieber im Leben, sagt der Mann. Das, mein Lieber, ist so scheiss banal, sagt die Frau. Wie scheiss banal, fragt der Mann. Wie die Scheisse von hinten bei Banane von vorn, sagt die Frau. Nana, sagt der Mann, bitte keine Metaphern. Das Leben von hinten ist Nebel, du Esel, sagt die Frau, die das Gedicht im Gedicht liebt. Na und, sagt der Mann, bitte keine Tiere. Du bist nur für hinten, weil ich für vorne bin, sagt die Frau und wäre nicht der Gattungsstillstand gewesen.
Regel 1: wenn etwas stille steht, dann nur, damit es sich bewegt.

Beispiel 2: Es waren einmal eine Oma und ein Enkelkind. Sie schicken die Schinken aus Deutschland nach Italien, sagt die Oma. Was machen die Schinken aus Deutschland in Italien, fragt das Enkelkind. Da hängen sie in der italienischen Luft, sagt die Oma. Wo, fragt das Enkelkind. In der Poebene, sagt die Oma. Warum, fragt das Enkelkind. Davon kriegen sie diesen speziellen berühmten würzigen Geruch, sagt die Oma. Wann kommen sie wieder nach Hause, fragt das Enkelkind. Wenn sie richtig voll gerochen sind, werden sie abgehängt und teuer in Deutschland verkauft, sagt die Oma. Wie machen die Italiener das dann mit den Hosen, fragt das Enkelkind.

Beispiel 3: es war einmal ein Mann mit Blasebalg. Der stand am Strand und fragte: braucht wer Luft. Sein Blasebalg war sein Anker. Ohne Blasebalg hätte der Mann nicht Tag für Tag am Strand mit dem Satz ungestört stehen können. Ich werfe Licht auf den Mann mit dem Blasebalg mit dem Satz mit der Luft am Strand, hätte der Volksmund gesagt, ich repariere ihn, er hat ja keinen Grund. Der Mann mit der Luft wäre die undichte Stelle am Strand gewesen. Aber nicht lang.

Regel 1: Wer von Luft redet, soll den Grund dafür stets separat gut für alle sichtbar bei sich tragen.
Regel 2: Wer von Luft redet, soll die Luft stets separat gut für alle sichtbar im guten Grund gut verstecken und da gut für alle sichtbar unsichtbar bei sich tragen.
Regel 3: Wer von Luft redet, soll sie auch liefern.
Regel 2. 2: Wer von etwas redet, soll es gut sichtbar nah an seinem Körper bei sich tragen.
Regel 2.3: Wenn das, wovon er redet, unsichtbar ist, soll das bei sich Tragen auch bitte unsichtbar sein.
Regel 2.4: Bitte kein Gefälle zwischen wie und was.
Regel 4: Du sollst nichts verstehen, was nicht zweimal da ist.
Regel 5: Wenn die Logik taut, ist es die Tautologie.
Regel 6 : Ist es die Tautologie, dann taugt sie.
Regel 7 : Sätze finden heisst nicht sitzen.
Regel 8 : Gute Sätze finden heisst nicht gut im Sattel sitzen.
Regel 9: Sätze satteln heisst nicht reiten.
Regel 10: Gute Sätze sehr gut satteln und nicht reiten, das ist schön.

Schön ist es auch zu reiten ohne Satz und Sattel. Wenn die Bewegung ganz still hält vor lauter Bewegung, das ist Bewegung und schön.



(aus: Birgit Kempker: Hülle 1+2, in: ZdZ Heft 6)