Oskar Pastior Zu «harmonie du soir» harmonie du soir rhino sore du mai- marode uhr in iso- moiras heidrun o herosion di mura im duro anis oehr hei duo rosmarin hei dominorasur das rio horineum sah urinoirdome darin serum ohio u midas renoir oh dinosaurier ohm sero in mohair du hoinares dorium dormi in osa rheu siena hormior du odeion husar mir hieronimus roda do re mi suor hain homeridian suor reihum so iordan- roh iasminodeur daimons irre uho mond-ohr iris-aue rosa mundi hier o rhodus ein maori oder mio harus in hodina sumerior darius hormon ei radius hemorion hui smirna rodeo monsieur hi-ro-da o hermiona urdis du morserin ahoi humorsardine io in moras huri-ode drei soma oh ruin oder mausi roh in eosin-ohr radium rohmais er duino um aio sehr rodin hominide orsura sieh dior murano rhino sore du mai Der Ausgangstext Charles Baudelaire: Les Fleurs du Mal: Spleen et Ideal: XL VII. Harmonie du soir XLVII Harmonie du soir Voici venir les temps où vibrant sur sa tige Chaque fleur s'évapore ainsi qu'un encensoir; Les sons et les parfums tournent dans l'air du soir Valse mélancolique et langoureux vertige! Chaque fleur s'évapore ainsi qu'un encensoir; Le violon frémit comme un coeur qu'on afflige; Valse mélancolique et langoureux vertige! Le ciel est triste et beau comme un grand reposoir. Le violon frémit comme un coeur qu'on afflige, Un coeur tendre, qui hait le néant vaste et noir! Le ciel est triste et beau comme un grand reposoir; Le soleil s'est noyé dans son sang qui se fige. Un coeur tendre, qui hait le néant vaste et noir, Du passé lumineux recueille tout vestige! Le soleil s'est noyé dans son sang qui se fige … Ton souvenir en moi luit comme un ostensoir! Mein Gedicht ist eine von 43 Intonationen zu «Harmonie du soir» von Charles Baudelaire, und zwar die fünfte und letzte in einer anagrammatischen Anpeilung nach der Logik etwa eines Bibliothekars, der das anvisierte Gedicht auf dem Parcours vom Allgemeinen zum Besonderen (oder ähnlich archivarisch) dingfest zu machen versuchen würde. In einem ersten Schritt kam der Nachname des Autors zum Zug und unter die permutative Sinnbelehnungs- und Anmutungshaube, bzw. -lupe, des Anagramms: «baude laire» – zehn Buchstaben. Im nächsten Schritt war zu erkunden, wie die Erweiterung des Materials durch Hinzutreten des Vornamens Charles den Namen «charles baudelaire» weiter prägt, prägnanter macht. Im dritten Schritt hatte der nun auftretende Buchtitel «les fleurs du mal» zu zeigen, was in ihm steckt; nicht mehr und nicht weniger. Im vierten war es dann das Buchkapitel namens «spleen et ideal» (welches aus irgendeinem Vorwissen heraus das bewußte Gedicht in sich geortet hatte) Nun aber, fünftens, endlich das Gedicht selber, Nummer XLVII mit seinen 14 Buchstaben im Titel «Harmonie du soir». Das Anagrammgedicht «harmonie du soir» hat also in der Fünferserie, die es abschließt, das letzte Wort und will ihr Fazit sein. Da unser Anagramm im eigenen Kosmos begründet liegt, den es ergründet, ist es aber auch endlos unabgeschlossen; die Teleologie der Serie 1-5 greift nicht; die fünf Permutationen von Titeln und Eigennamen münden zwar in dem als Quelle und Begeisterungsgrund (Beweginteresse) des ganzen Unterfangens angesehenen Originalgedichttitel, aber in den 5 Etappen sind auch meine zirka 60 Jahre, seit denen ich mit dem französischen Gedicht zuwege bin, in Schichten-, Sprachen- und Lektürenanwandlungen enthalten und sagen, Sie sehen es hier ja, zuweilen erstaunliche Dinge. Baudelaire gerät schon durchs Gerät des Titels des Gedichtes fast in östlich mediterrane Adria- und Abendlande; auch die Sumerer sind irgendwo dabei. Nun kann das Anagramm der Eigennamen und Titel ja wirklich zaubern und bringt dem Ohr des Mitteleuropäers liebendgerne bei, was sich vielleicht lateinisch-transsylvanisch-romanisch-rumänisch oder sogar russisch angehaucht exotisch anhört, weil es mit seinem eigenen Flair sich dem teutonischen ENRITSUDAHL … (das ist die Formel, wie sie anfängt, der statistischen Frequenz der Laute deutscher Texte) entzieht und ihm schön hörbar entgegenflirrt – meine Leser und Zuhörer kennen ja inzwischen solche Sprachzustände und Aromastoffe im Dunstkreis der sieben krimgotischen Pendelröcke. So will ich beispielsweise ja auch nicht erklären müssen oder wollen, daß «iedera» rumänisch Efeu, die «duba» ein schreckliches schwarzes Auto – «hodina» aber (auch «odihna») Rast & Ruhekissen auf der Flucht wäre, dort auf der Etappe I, wo «baudelaire» das Isotop von «idealbauer» und eben auch die «adriabeule» ist. Oder hier nun die «harmonie du soir» als anders gefälteltes und doch buchstabenidentisches «hoinares dorium», das heißt, rumänisch angedacht, ein vagabundierendes Sehnsuchtsdings. Keine meiner 43 Intonationen in ihren weit mehr als 43 materialen Textzusammenhängen wäre aber nur ein Dreiundvierzigstel oder noch weniger des Baudelairegedichtes! So wie ja die irrsinnige Hoffnung, man werde in der Zusammenschau und im Kaleidoskop der 43 Ton- und Textfiguren diese vielleicht einmal insgesamt und simultan zusammenhören können, bei Tage gottseidank nicht realistisch ist. Jetzt kommt mir vor, ich kenne dies Gedicht seit eh und je. Jedenfalls seit den Vierziger-Fünfziger Jahren einer sogenannten Jugendzeit in Hermannstadt, knapp vor und knapp nach der Deportation; als es mir, dem damaligen Gymnasiasten ohne subtile Französischkenntnis, einfach über den Klang und die raffinierte Zeilenwiederholung zum Form- und Spracherlebnis wurde; das dann in langen 60 Jahren Inkubation immer wieder in diversen Schreibprojekten Ausbildungen zeitigte, mal krimgotisch, mal als Sonetburger, mal zopfmodulisch, buchstabengewichtet oder vokalisisch oder als Sestine, Villanella, Panturn usw., bis auch zu allen diesen abendharmoniebewegten oulipotischen Verfahren und Grammatiken der 43-fachen Lesart als Hervorbringung. Zum Buch: o du roher iasmin |