Birgit Kempker

Basel wäre meine Glücksmaschine gewesen




Nie ist das Leben da, wo ich bin, dachte sie. Das Denken war das nicht. Es war genau das Gefühl mit lebendigem Leib herausgeschnitten zu sein, weil das genau das war, was sie fühlte.

Sie hatte sogar einen Hutmacher kennengelernt, der über den Kannenfeldpark in die Vogesen und in den Schwarzwald rein sah, wie sie parallel von ihrem Fenster aus auf FC Blackstar, den Fussballplatz. Es ist in Ordnung, sagte sie sich.

Es ist normal, sich nicht im Leben zu fühlen, sagte sie sich, wenn man nicht drin ist. Mehr war es ja nicht. Es ist genau das, was jeder fühlen würde. Tristan und Isolde sind als verzögerter Orgasmus zu spielen, sagt Heiner Müller. In Philips 426261-2 wird die Sekunde der Ewigkeit in 400 Takten entfaltet: als Angst und Wahntraum einer jungen Frau, die im nächtlichen Wald in Schönbergs Erwartung den Geliebten sucht. Immer werde ich mich für Tannen entscheiden, auch wenn es falsch ist, dachte sie und an die Tannen draussen, als er auf der Matratze anfing aufzuhören, sie zu lieben, innen, dachte sie.

Es war das Leben. Sie schaute sich um, alles war da, ein Kind, ein Bett, ein Telefon, eine Arbeit und ein Kühlschrank, sogar eine Badewanne. Sie würde gerne leben. Sie war neugierig, wie es sich anfühlen würde. Sie vermisste das Gefühl, obwohl sie es nicht kannte. Sie stellte es sich wie das Gegenteil von dem Gefühl vor, das sie am besten kannte, von einem anderen Körper nicht ganz verschluckt zu sein. Sie dachte darüber nach, wie im Besonderen das Allgemeine liegt, dass dies sogar eines der berühmten Wunder sei und wo das Besondere denn liegt, allgemein.

Etwas von ihr wäre da draussen geblieben und hätte den Rest zurückgewinnen, von draussen gegenschlucken können und wäre, wenn es wirklich wunderbar ist, auf der anderen Seite gewesen, wenn das möglich ist, dachte sie.

Das Leben fehlte. Wenn ich nicht schlief, nannte ich es Schlaf. Ist reglose Haltung Handlung, dachte ich, doch das Chaos schien grösser, deshalb konnte ich mir leichter vorstellen, das Chaos in die Ordnung, als die Ordnung in das Chaos zu bringen. Ich konnte es mir überhaupt nicht vorstellen, nicht so, dass es zu mir passte und anders konnte ich mir Vorstellen erst recht nicht vorstellen.

Zum Schlaf Chaos sagen, das ist ordentlich und darum hübsch und darum sagte ich zum tötlichen Ort, wobei Schlaf nicht der Tod und Tod ja kein Ort ist: Basel.

Das Gefühl fehlte dazu, was dazu gehörte, das war das, was ich Basel nannte, das Fehlen von dem, was ich mir vorstellen konnte, wie ich mir, so fragte ich, die Vorstellung vom Leben machen könnte, mir aufsagen, auswendig, wie im Schlaf, zur Not auch erfinden, damit ich es kenne, wenn ich es sehe, im TV, wenn ich es höre, im Telefon, wenn es mich ruft, so stellte ich mir das Leben am liebsten vor, wie es mich laut ruft. Am liebsten war übertrieben, wenn ich mir etwas am liebsten vorgestellt hätte, wäre es das Rufen des Lebens gewesen, wenn es meine Person betrifft.

Es gibt Missverständnisse zwischen mir und dem Leben. Eigentlich kann eine Stadt kein Tod sein, dachte ich verzweifelt. Immer hatte ich mir nicht vorstellen können, es zu nennen, wenn ich es nenne, schluckt es mich, das ist so zwischen Mensch und Stadt, dachte ich, ich dachte aber, dass es überhaupt so ist.

Wenn ich in Basel Basel sage, bin ich Basel, so ist das mit dem Schmerz, für den das Subjekt das Objekt ist, dachte ich über Schmerz und fuhr mit dem Zug nach Zürich. In Zürich schrieb ich mit Bleistift Basel.

Ich hatte kein Gefühl für Basel, darum nannte ich es nicht in Basel Basel, sondern in Zürich. Dann war ich auf den Geschmack gekommen. Ich erinnerte mich an Blutdruckgünther, der nie Scheisse sagen konnte, dann sag doch Kirschtorte, sagten wir und Blutdruckgünther sagte Kirschtorte, dann sag doch Kirschtorte, so, als ob du Scheisse sagst, sagten wir und Blutdruckgünther sagte Kirschtorte, als ob er Scheisse sagen würde und es kam, alles, Blutdruckgünther wurde röter, knapp vor seinem Überdruckbluttod sank das Blut und Blutdruckgünther zurück ins Leben. Vielleicht war Blutdruckgünther zum ersten Mal ins Leben gesunken, das ihm seine Mutter verboten hatte, weil das Leben stinkt.

Ich wusste, dass es immer jemand gibt, wenn sich jemand nicht empfindet, was eine Empfindung ist, das wusste ich auch wenn ich sie nicht richtig empfand und Tod ist noch lange kein Kriterium für Weg, dachte ich und Richtig nicht und Falsch nicht und Weg nicht dafür, dass es weg geht, im Gegenteil und dass, der Gedanke nicht stinkt, dachte ich, auch dieser nicht, keiner und dass Basel deshalb kein Gedanke sein kann, sondern eine Stadt, die stinkt und zwar unsichtbar und das war wirklich ein Kriterium für Stinken, dachte ich und im Leben und nicht für Weg, der weg führt wohin. Wohin auch immer, dachte ich, dort ist es leer.

Es ist nicht fair, Städten die Schuld in die Schuhe zu schieben. Es ist eine Handlung, Handlung lenkt ab vom Schmerz, den Schmerz nicht zu empfinden, wenn es um das eigene Ende geht. Wenn das eigene Ende ausserhalb vom Leben sehr fest hängt und den Rest aus dem Leben raus zu sich rüber zieht, ziehen will, dann zieht es aber, dachte sie, doch ihr Denken war verwildert und auf Spaltung aus.

- Halt, schrie ich, es fängt nicht an.
- Ha, lacht die Romantik.
- Du bist unter deinen Hut geschrumpft, sagt Egon.

Es war ein schöner Hut. Das sagt er in Zürich zu mir. Arbeite, sagt Egon. Ich finde Arbeit gefährlich. Ich stand zwei Wochen in Zürich mit Kunststudenten im Leben, Thema: Witz. Das rechte Ohr entzündet sich dabei, dann das linke. Der Fuss fängt sich in der Strippe, der Hörer fällt aus der Hand. Die Hörmuschel ist kaputt. Kommunikation kann nicht die Lösung sein, denke ich. Arbeit auch nicht. Ich habe Angst vor dem Tod.

- Man müsste schreien können, sagte ich zu Egon in Zürich.
- Das ist der Titel, sagte Egon in Zürich zu mir.

Das war die Arbeitsbeziehung, denn Egon ist Verleger. Ich dachte aber an gespieltes Schreien, durchs Telefon, damit der andere Eindruck hat. Ich fragte Egon, ob ein schreiender Schreiber ihm diesen Eindruck macht, der dazu notwendig ist, an das Leben zu glauben, vom Schreiben, ich hatte Vermutungen, konnte aber nicht schreien und weiss nicht, ob Egon meinte, man müsste schreiben können und was der Glaube hier sucht, wenn es um Kunst geht.

Es hilft nichts, persönlich zu werden, das ist die andere Warnung, privat heisst Idiot, flüstert mir mein Guido, ich wusste bei meinem Willen nicht, ob Schreien persönlich ist und ob es angefangen hat.

- Taut, o Logie, wars das, was ich schrie.

Das war die Anwendung. Schluss mit Idiot sein. Ich arbeite an meinem Erwachen, an meinem Faustschlag, auf den Schädel natürlich, an meiner Ordnung, an meiner Person, ich arbeite daran, in die Ordnung meiner Person auch einzutreten, die ich bin und weil ich kleiner bin als die Ordnung und mich eher in die Ordnung rein verfüge, als dass die Ordnung, die ja viel grösser ist, in mich rein kommt. Das halte ich für unmöglich. Dafür bin ich zu klein. Ich kannte auch keine Öffnung an mir, die gross genug für die Ordnung ist, die ich für mich für nötig, hielt. Ich stellte mir diese Ordnung masslos vor und masslos schön, fast glänzend.

Ich gefalle dem Leben nicht, sonst hätte es mich ganz geschluckt, mit Haut und Haar, denke ich und an Haut und Haar. Mir gefällt der Schlaf auch, dachte ich. Der Schlaf ist im Leben nicht das richtige Leben. Der Schlaf ist nur der Schlaf, wenn der Rest das Leben ist.

- Fass dich, sagt die Vernunft.
- Ohne Leben kein Schlaf, sage ich.

Die Vernunft ist zufrieden. Der Schlaf hat mich 5 Jahre gratis schlafen und heute in das Loch kucken lassen, in das Otto, der Zahnarzt, notmässig den Stiftzahn geklemmt hat, weil das Loch auch für ein Loch zu gross ist im Mund, hat Otto, der Zahnarzt, neben den Stiftzahn kleineres entbehrliches Werkzeug gestopft, damit er satt sitzt beim Lächeln, der Zahn, damit ich lächle in B.

Heute sah ich in meinen Socken rosa Schleim, ich war in die Socken gesunken.

- Deutlicher kann ich nicht sein, sagt der Schlaf, obwohl das nicht seine Sache war.
- Was tut der, der aufwacht, frage ich plötzlich.
- Der putzt, sagt mein Guido, wer in die Ordnung eintreten will, muss sie herstellen gehen.
- Ich trete in die Ordnung, sagte ich, nicht umgekehrt.
- Genau, sagt mein Guido, du putzt die Zähne, dann entleerst du dich, dann trittst du ein.
- Warum ich, fragte ich daneben, es ging ja um mich, das war mir klar, klarer als ich, was mir unklar war, wie der Gedanke, das sei ich, klarer sein kann, als was ich denke. was ich sei, denn mehr war es ja nicht, was ich dachte. Die Aufregung legte sich. Ich schaute sie an und versuchte sie zu erkennen, bist du ich, fragte ich, doch sie war es nicht, zum Glück nicht.

- Wenn du leben willst, wenn du eine Struktur erkennst, sagt mein Guido, wenn du das willst, ist es die, mit der du sie erkennst.
- Sicher, frage ich.
- Höchstens, sagt mein Guido.

Ich weiss nicht, ob das die richtige Antwort auf die Frage nach Sicherheit ist und nicht einfach nur wirklich die Höhe und wie ich durch Putzen an Struktur heran komme, sonst weiss ich es auch nicht, also Putzen, denke ich, doch aeht es nicht darum, Putzen zu denken, sondern zu putzen, sagt mein Guido und ich weiss nicht, ob ich, bevor ich mit dem Putzen das erreicht habe, warum ich putzen soll, überhaupt putzen kann, Charakter ist das Wort, ich muss mir einen Charakter anputzen, der über die Eigenschaft, die Putzfähigkeit, zu meiner Eigentlichkeit führt. Soweit wollte ich nicht gehen. Ich dachte mir andere Handlungen aus, stiess wieder auf das Problem, dass ich nicht handeln kann, ohne etwas zu tun, darum war Putzen der Ausweg.

- 1 Löffel 1 mal zum Lächeln bringen, das ist das 1 mal 1 der Taten, sagt mein Guido, das ist das ABC.

Ich konnte nicht hoffen, dass Basel etwas ist, worauf ich reagiere, wie auf eine Tat, ich konnte nicht hoffen, überhaupt zu reagieren und nicht, dass Basel etwas anderes als Arsch heissen kann, ungefähr Arsch, Arsch der Welt oder Welt oder Gras oder Sarg.

Hätte ich das wirklich denken können und hoffen, wäre das Wort in meinem Kopf aufgereiht gewesen, wie Hoffen neben Denken, aufgespiesst, das auf Fahrplänen steht und es war, wie wäre ich sonst nach Zürich gekommen, wo ich zum ersten Mal Basel hingesetzt hab, mit Bleistift, ich muss mich in einer Ordnung befunden haben, in einem Gefäss, in einem Körper, der sich in einem anderen, in einem Fortbewegungskörper in einem Landschaftskörper bewegt, in einen Stadtkörper rein, von dem aus ich es mit Buchstaben beschreiben kann, was zu jedem Körper gehört wie das Wort Kuh zu jeder Kuh und dazu die Kuh.

Körper ist Ordnung, das merke ich daran und kann mich nicht ausserhalb der Ordnung befinden, weil ich mich ausserhalb der Ordnung innerhalb etwas befinde, was sich ausserhalb befindet. Fast wäre ich froh gewesen, da merkte ich, dass es gar nicht darauf ankommt, ob ich in der Ordnung bin, auch nicht, ob ich froh bin, es kommt darauf an, ob ich es fühle. Ich fühlte es nicht.

Basel haben welche gesagt, daran erinnere ich mich besser und mit Gefühl als an Basel, Kot und Curry stand dicht neben Basel, da, wo ich Basel geschrieben stehen fand, an den Ort erinnere ich mich.

- Lebe, schreien unten die Toten, bei uns ist es voll.

Die Toten muntern uns auf. Das ist nicht fair Lebenden gegenüber. Ich war zu faul zum Unterscheiden, ich hatte zu viele Unterschiede gesehen, ich konnte die Unterschiede nicht mit den Händen zählen, mir fehlten die Unterschiedssysteme, wohin ich die Unterschiede hin ablegen könnte, mir fehlten die Regale und die Häuser, in denen die Regale fehlten, ich hatte die Hände nicht geputzt, mir waren die Unterschiede über dem Kopf zusammengewachsen. Ich war in ein Denken und Zählen verhext. Ich sass mit dem Kopf in der Hecke. Meine Fingernägel schabten nach mir. Ich war das Gegenteil von faul, Gegenteile konnte ich auch nicht denken. Begreifen, flüsterte ich, begreifen, ich hatte mir zu viel denken wollen, weil ich ohne Denken nichts begriff, was nicht den Gegenständen meines nicht Begreifens anzulasten war, es waren viel zu viele, als dass sie schuld sein könnten, so viele sind nie schuld, dachte ich falsch über Schuld, als ganz einfach meinem nicht Begreifen, was in seinem Ursprung, im fehlenden Putzen plötzlich Platz nahm und Form bekam. Kommt es gar nicht aufs persönliche Begreifen an.

Oh, ich wusste nicht, ob ich jemals etwas begriffen hatte, ob das persönlich war, ob das vom Denken oder vom Putzen gekommen ist, Denken war mir angenehmer, ich mochte Gegenstände nicht. Das Putzen berührt mit Gegenständen andere Gegenstände und hat gleichzeitig Wasser und Seife zwischen sich und den Gegenständen, das Putzen ist komplizierter als das Denken, das Putzen ist glitschig, dachte ich, das Denken kann das Denken denken, ein Gegenstand fällt weg, das Putzen putzt niemals das Putzen. Das Denken kann sauber sein, nur aus sich selbst heraus, ohne Putzen, dachte ich. Da dachte ich verkehrt.

Ich hasste Gegenstände, weil das Denken mit dem Putzen erst beginnt und weil das, was ich Denken nannte, ohne Putzen, gar kein Denken war und ich also beim Denken, dies sei das Denken und es ist gar nicht das Denken, über ein anderes Denken nachdachte, wenn es ein anderes Denken gibt, oder über sehr viele Denken oder über anderes und ich ahnte, dass ich die Anzahl der Gegenstände nicht mehr im Auge haben konnte, das Denken nicht mehr zählte und mich selbst hereingelegt hatte, weil ich nicht so viele Augen hatte, nur, weil mir der Charakter fehlt, den das Putzen voraussetzt, das immer vor dem Denken liegt, dachte ich und dass auch vor mir ein Gedanke, wenigstens ein schwacher Gedanke doch gelegen haben muss.

Der Gedanke dachte an mich, wenn Gedanken an etwas denken, dachte ich, was selbst nicht daran denkt, dann bitte an mich, dachte ich und an Maria, wie ich unter Wasser an Maria dachte, sie soll mich rein lassen, wenn ich oben bin, Maria, lass mich rein, denke an mich, dachte ich, bitte für mich. Maria ist ein früher Gedanke, ein Unterwasseraedanke, dachte ich und staunte uern, denn, er war nicht nur ein Gedanke, sondern auch einer, der hilft, ich war nicht ganz oben, aber in der Mitte angekommen und schlug die Augen in die Augen des Försters auf, da haben wir dich noch mal rausgezogen, sagt der Vater, ich sage, dass meine Augen nicht nass sind davon, wovon er wütend wird, es Ist nur ein Kind, sagt der Förster und fängt den Schlag auf für mich.

Oh ja, ich stellte mir zuerst das Putzen vor, mit dem ich morgen anfangen würde, was ich in meinem Kopf trocken durchexerzierte, dann dachte ich darüber nach, wie unfair es ist, das Denken Schlaf zu nennen. Das Putzen Putzen zu nennen, darüber dachte ich nicht nach. Ich würde ja morgen putzen.

Ich nahm mir vor, alles, was ich nicht nannte, zu tun. Das war der Anfang der Gerechtigkeit. Ich hatte die falsche Art Denken erwischt. Ich hatte Denken mit Menschen verwechselt. Es hatte fast geklappt, das spürte ich. Es hätte zum Leben gepasst. Ich hätte das Denken als Leben ausgeben können, aber das stimmte nicht, ich hatte das Putzen überschlagen wollen, noch lebte ich nicht, auch Schlaf war es nicht.

Du plünderst uns aus, schrie der Schlaf und es stimmte und auch, dass er schrie, ich zapfte im Schlaf das Leben an. Ich nahm es da, wo ich es kriegte, sonst kriegte ich es nicht.

Schuld ist, dass ich versuchte, einen Schuldigen für meinen Schlaf zu finden und ihn Basel nannte. Der Schlaf war beleidigt. Ich bin ein Geschenk, keine Strafe, sagte der Schlaf. Schon wieder hatte ich falsch gedacht. Der Schlaf ist eine Gnade, sagt der Schlaf. Basel sagt nichts.

Es war dem Schlaf egal, ob ich ihn verstehe, er verstand sich selbst und war mir darin überlegen, hoch, dachte ich. Ob hoch das richtige Mass für Überlegenheit ist, entschied ich nicht. Hochmut kommt oft vor und entschieden vor dem Fall, dachte ich, was nur Verschiebung war und ob Verschieben Denken war, oder nur falsche Leistung, entschied ich nicht und fallen konnte ich nicht, denn ich lag fest.

Schlafsucht, sagte ich, das war mein Fehler, Basel wäre meine Glücksmaschine gewesen. Das war Basel nicht. Das fühlte ich.

Dass ich was fühlte, merkte ich, als ich im Tram sah, das alles menschlich ist, wirklich menschlich, ohne Abstrich menschlich, das sage ich blanko, sagte ich mit den Worten von R, der wie einer ist, sagt er, der alles von aussen sieht, auch sich selbst, der immer Abstand hält, sich nie unterkriegen und von Umständen umwickeln lässt, der sich aus allem lösen kann, ohne Bedauern, sagt R, dann will ich R sein, sag ich in B, dazu muss ich in B wirklich in B sein, wenn ich in B in H R sein will.

Ich sah mich in eine Menge fahrender Menschen gesetzt, mein Zweifel verliess mich, ich fuhr zusammen mit Lebenden lebend in einem gurkengrünen und gurkenlangen Gefäss und alle sahen zu und niemand wunderte sich.

Ich nahm 2 lange Worte für 1 langen Gegenstand und niemand schrie. Es war in Ordnung. Es war die Geburt des Ichs in Basel. Alles war sehr intim. Seit 5 Jahren hatte ich keinen Menschen gesehen und jetzt sah ich alle. Das war viel.

- Aufhören, schrie ich.

Es war echt und stark. Ein Mensch liess aus seiner Tüte Rhabarber. Ich sah ihm auf den Mund. Er faltete die Hände. Ich sah alles und war mit anderen Menschen innigst vermengt und begriff, warum ich, seit ich in Basel abgelegt bin, Basel nicht begreifen kann und nicht. warum ich jetzt, im Tram, aus dem heitersten Himmel zum Begreifen hinzugestossen wurde, das Begreifen war grösser als ich, das begriff ich, auch wenn ich mir kein Bild machen konnte, setzte ich mich mit meinem Schwerpunkt in die kleinste Ecke des Begreifens und schmunzelte und schmollte abwechselnd. Es fühlte sich gut an. Jeweils. Es wäre ein kleiner Schritt gewesen, zu begreifen, dass mich etwas ins Begreifen setzt und nicht umgekehrt, doch ich blieb sitzen, mitten im Begreifen und begriff nicht, was ich besass, denn Besitzen und Begreifen lagen für mich einander fern, sie lagen beide an den genau entgegengesetztesten Punkten auf einer möglichen Diagonale im möglichen Raum. Wild entschloss ich mich, nicht länger zu zweifeln, ob entgegengesetzt überhaupt zu steigern ist im selben möglichen Raum und ob ein selber Raum überhaupt möglich ist.

Mit Todesverachtung negierte ich den Gedanken darüber, ob, was sich auf einer Diagonale im selben möglichen Raum befindet, sich nicht auch in anderen möollichen Räumen befindet, weil jeder Gegenstand seinen eigenen möglichen Raum hat, der mit seinem Gegenstandsraum auf den Diagonalen mehr die Zeit als den jeweils möglichen Raum streift auf dem Weg zum entgegengesetzten Punkt, der das Ende vom Anfang wäre.


Für Quereinsteiger: Zur Hauptseite von Urs Engeler Editor