Peter Waterhouse Dialogo delle bellezze delle donne A Der Tamarisk-Strauch stand ruhig und in ihm war die Zahl, ein Sagen, ein Wort, ein Märchen ein mimetisches Märchen der hängenden Äste, die Besucher blieben davor und schauten: was sagt der Strauch? Und wodurch ist er schön und schöner als der ihn begleitende Telegraphmast den zwei Stammhölzer bilden? Ist der Mast stumm? Das Licht blühte in der Zahl der Äste und der Strauch hatte seinen Platz in einer Landschaft unsichtbarer Zahlen. Eine unter diesen Zahlen der Landschaft war das Licht aber auch das Dorf war eine Zahl. B Die Autobahn in der Mitte der Ebene, hatte man ihre Zahl gefunden, war schön. Das Rauschen von Rad und Fahrbahn flog hinüber in die leichten Zweige durchquerte Parkplätze streifte über die Felder, Wiesenblumen und Gras zischte an Häuserecken oder drehte um ein Haus und ein Werk. Das Rauschen und das Dorf, das Dorf lag auf dieser Wolke in den Zimmern rauschte ein Bewohner und sprach Rauschziffern. A Das Dorf. Ein Verzeichnisbuch zählte die Bewohner, jede Geburt, jeden Tod. Und der Strauch inmitten des Dorfes konnte singen. B Manchmal saß ich im Schein des Tamarisk-Strauchs und sah seine Zahl, auch in der Windstille war Unruh denn es war eine Tanz-Zahl eine Zahl der Tänze die dem Strauch irgendwann vorausgeschickt waren Gesang und Tänze. Wann, wieviele? Und der Strauch hier stand ruhig. Aber seine Zahl zählte etwas mit, mich, den Wind, den Kiesgehweg den Kilometerstein der Straße, ein weites Rapsfeld eine einfache Wiese. Der Strauch tanzte die Straße und er tanzte die Wiese und er sang den Kiesweg und er leuchtete für mich. Ein Zahlenberg voll blauer Wiesen, draußen, hier stand die Tamariske beinahe innen, in einem Tanzplatz. Wieviele Schritte haben dich hierher gebracht, Betrachter des Tamarisk-Strauchs, welche Landwiesen bist du gegangen, wieviele Dörfer siehst du jetzt? Ist hier deine Zahl, Betrachter? A Dorf. Dorf mit einer Tamariske oder Garten mit einer Tamariske. Das Dorf wurde da im Schein Tamarisk-Dorf. Das Rauschen der festen Straßen wurde hier Strauch-Ton und Blätterspiel. Die gerade Straße spielte hier oder spielte mit Zahlen. Der leblose Käfer auf dem Asphalt ein Reifen hat ihn flach gedrückt und seine Zahl gelöscht, hier blüht der Tamarisk-Strauch. Die Nachtlichter des Dorfs breiten sich wie Gezweig in das Dunkel. Die Geher, die hier vorüberkommen machen im Strauchwerk eine Zwischen-Berechnung oder vergleichen die Zahlen, wieviele Dörfer, wieviele Geher, wieviele Namen, aber hier blüht der Tamarisk-Strauch und spielt mit Dörfern, Gehern, Namen. B Der Westwind ist ein Zahlenwind wie das Zahlherz der Schnellstraße ist er da. Fast nichts, sagt zu ihm der Geher oder fast ein Tamarisk-Strauch, Westwind-Tamariske. Oder nach einem heißen Tag der Abendwind bringt meine Zahl, sprach zu mir im Bus ein Reisender. Oder der Schlaflose berichtet immer neu: ich wartete auf das Windbild ich wartete auf die Winderzählung Märchenerzähler vor dem Schlaf. Ich wartete. Ich wollte meine Augen in den Schlaf öffnen, Bedeutungen und ach mein Denken wachten, ich war kein kühler Rechner. Der Westwind kam mit einer Schönheit daß alle standen und fragten: was ist diese Schönheit? Und alle dachten: fast nichts. Sieben. Sieben was? Elf. Elf was? Trägt nicht die Blume elf Blüten? Das ist nicht ihre Zahl. Ist da eine größere Ordnung? Die Ordnung ist wieder nur die Schönheit und die Zahlen und die Kühlung. Und ich schaute in die Gesichter der Frauen und auf die Körper der Frauen und ihr Gehen auf ihr Grüßen auf ihre Handbewegung zum Abschied hörte auf einen helleren Laut, ja. Und unter ihnen waren die Schönen und ich wußte sogleich. A Die Märchenerzählerinnen. Ich wußte nicht sogleich und ich schaute wieder und wieder liebte auch und wußte nicht sogleich. Schönheit und etwas ganz ungewisses so war meine Rede, die Frau legt ein Tuch über sich da ist auf einmal Schönheit so war meine Rede, ich bin verwirrt so war meine Rede, die Frau tanzt die Verführung so war meine Rede aber ich sagte noch nicht: diese Frau tanzt nicht die Zahl, oder, ja, diese Tänzerin ist ganz im Tanz aber sie erzählt nicht. Erzählerin, wer bist du, diese Frage kannte ich lange nicht. B Erzählerin - Dichterin, hörte ich die Antwort. Wir saßen im Garten der Tamariske, ich sah im Strauch die Schlinge die Schlinge zum Vogelfang den zum Vogelfang gebogenen schon beinah zahlrunden Zweig oder Schnüre, Fäden und das Dünne, Feine, Zarte, eines das ist, die Ist-Tamariske oder ein Tamarisk-Faun-Wesen dort am Gartenende, ein Aufenthalt, ein Hauswesen, eine Art zu leben Eigenschaft, Lage, eine verweilende Gestalt voll Spannung oder Tanz und ich sah die absolute Zahl oder die fein, dünn, zart gespannte Zeit oder der Faun dehnte sich gemischt oder gedichtet aus sein, werden und gewesen, aber jetzt war es doch weniger Zeit und war es mehr Zeit oder ein Wohin-Segeln, Ziehen, Steuern Losgehen, sich Begeben auf den Weg oder die Äste Ausbreiten oder ad sidera ad caelum, noctes tendunt in lucem und die Augen unbeweglich gerichtet halten die Erde im Gleichgewicht halten verliebt in einer Landschaft der Seidenfäden in einer Carmina-Erzählung. A Und das Licht und das Dorf fein, zart, grün, mitgesteuert. Eine Farm, schon ist daraus ein Faun. Ich gehe den Sandweg schon flüstern die Nymphen. Schlaflos schon flüstern die Nymphen. In einem Baumschatten in einem Steinschutz wieder die Schönheit flüstert und dauert und winkt und spitzt den Mund und eine Schulter ist sichtbar und ein Fuß Carmina-Fuß, vollkommene Zahl eins. Springen diese wunderbaren Zahlen und Jahre nicht immer in Schatten und Schutz? B Aber die Schönheit ist doch vollkommen? Ein Stein dahinter blitzt eine Nymphe eine Erzähler-Fee die geheime Dauer blitzt. Carminas Fuß, heimliche Dauer. Ich ging durch ganze blitzende Felder Wiesen, Stadtstraßen. Aber die Schönheit ist doch vollkommen? Die hermetischen Wiesen blühen, blühen die hermetischen Straßen sind schwarz und körnig, also, Erzählerin, wer bist du Erzählerin, Schöne, Mundspitzende, Weißschultrige, Zahl heimliches Gedächtnis. Deine Hüftbewegung verführt mich, ich bin verführbar. Bist du verführbar? Deine Hautfarben, deine Hautfarben, meine Augen sind überall. Dein Haar fällt mir entgegen. Der Bogen des Oberschenkels lädt mich ein. Mit dem Finger hätte ich deine Braue berühren können. In leerer Landschaft stand ich und ich sagte: ich liebe dich und hinter den Gräsern waren die kleinen Nymphen lustig und zeigten eine Braue, eine Hüfte. Und meine Augen waren überall denn die Schönheit ist vollkommen. A Ich der Stein und du blitzt hinter mir, neben mir. B Libelle, Puppe, Larve, Hochzeiterin, und ich ging ruhig zu den Worten und wurde da empfangen und kehrte auf Wegen wieder und ging zu Gräsern, Straßenrändern auch da wieder war Hochzeit, der Tamarisk-Strauch stand ruhig vor ihm waren geblieben Besucher auch da war Empfang, sie schauten: was sagt der Strauch und wodurch ist er schön, ich ging ruhig zwischen den Hallen und in dem Libellen-Schwirren schaute in die Gesichter der Frauen und in das Gehen in das Grüßen in das Handberühren zum Abschied also in die ganze Leichtigkeit Tamariskentwicklung dieser Landschaft und ich hörte in einen helleren Laut, ja. Warm. Zu den Worten und auf Wegen wieder und Libellen, Puppen, Larven, Hochzeiterinnen. Warm. Ein Märchen war erzählt. Die Wiesen draußen hatten nicht die Bedeutung: blauer Rand. Die leichte Straße hatte nicht die Bedeutung: von Dorf zu Dorf. Ein Apfelbaum war so von Wimpern gerundet. Die Hand eines Gehers hielt keinen Stock, keinen Fund, schaukelte nicht. Die Sprachanlage an einem Haus pfiff, daß keiner redete. Die Tankstelle im äußersten Westen war durchscheinend, wachsweich, weiß, besser aufzubewahren unter Wasser, wie weißer Phosphor, und sie leuchtete in die Abendweite nach hütete den Baum mit den goldenen Äpfeln. Selbst die kuhäugige Kamille hatte dieses Herzynisch-Variskisch. Komm, sagte die Schönheit, komm nahe. A Über die gesungenen Wege, und du bist gekommen und da war eine Zahl. Denn die schöne Frau ist die die eine Zahl hält! Eine Zahl wie: nicht ich, sondern Licht nicht Nacht, sondern Monde, Nymphen im äußersten Westen? B Es sind zu viele Schönheiten. Wir sind zu liebevoll. So beenden wir dieses Gespräch ich gehe zurück in mein Zimmer und in mein gesungenes Haus. Lebewohl. A Ich gehe heiter. Du besuch mich. Für Quereinsteiger: Zur Hauptseite von Urs Engeler Editor |