Peter Waterhouse

e/e zu o/a




im März 1990

Heute gelang, am mittleren Nachmittag, eine asiatische Form. Die Bäume des Parks berührten einander, aber vor allem standen sie um eine freie Fläche, und ein wenig erhöht auf der Terrasse des Kaffeehauses saß ich der Ausruhende und schaute bei hellem Wetter oder las im Buch und hörte immer die Stimmen der Vögel und hatte Zeit bis zum Essen am Abend. Ich war zu einem scharf-süßen Reisgericht eingeladen. Ein Glas Orangensaft auf dem Tisch beschäftigte mich, aber kein großer Hunger. Dem Teller, von dem ich bald essen würde, glich die Lichtung in diesem Garten. Warum saß ich hier? War ich in einem guten Kreis gegangen? Als ob von hier aus hierher gekommen, asia oder aisa, zweimal am Beginn des Alphabets. Ein alphabetischer Landfleck. Kann ich ein Buchstabe sein? Beleuchtete den Ort nicht ein fortwährendes Ostlicht und ein asiatisches Reiskornlicht? War ich nicht ganz in einer Lichtung und wartete ohne Ungeduld auf die fernöstliche Speise?


im Oktober 1990

Die Lampenreihe, der Hauptstraße entlang, die grauen Arme greifen weit und fehlerlos über die Fahrbahn; dann im Rückblick rosten ihre Rückseiten, also vielleicht Wetterseiten; aber eben von dieser Seite scheint die Sonne und erhellt und betont den schwachen Lack. Wenige Schritte sind es zur Pappelreihe und zum Schilf, darin die ersten gelben Überallhin-Zeiger, plötzlich volle Realität neben der linearen Landstraße. Der Kanal so unbefahren, fließender Asphalt, Fließstraße oder Zeitstraße, erste Buchstaben einer Unendlichkeitsstraße, und ich bin ein vereinzelter, nein, ein teilnehmender Spaziergänger. Dann, sehr langsam, wie in Liebe, erblicke ich das Schilfgelb hinter mir in der Wand um das Automobilgelände, stark rostende, aber auch gelb-zartgrün schutzlackierte Platten, von denen die Sträucher mit roten Hagebutten wachsen. In den Platten ein Grundmuster, horizontale Zackenkämme, das Antwortschilf auf dieser Seite des Ufers, und Holunder, dunkle Beeren, das Einzel-Dunkle an diesem Ort, Anfangsbuchstaben der Nacht (die Nacht wird wie eine Beere kommen; der Nachtholunder ist noch nicht reif). Die Pappelreihe endet, da beginnen die Farben erst recht, die Anfangsbuchstaben für einen großen Winter, Leuchten für ein großes Weiß, Farbschnee. (Pappelrand: Stadtrand. Und der Stadtrand ist der Schneebeginn.) Drüben zieht eine löwenzahnblattrote Lokomotive Kohlenwaggons, zieht also Riedgrasbraun und Ampferrispen, zieht auch offene Feldflächen und Dächerfarben, Telegraphenstangenfarben, Buchecken meines Notizbuchs, auch Rost, auch das Kleidungsbraun einer Spaziergängerin. Das Ganze also scheint auf (Ende des Fragments). Im kleinen Haus öffnet eine Tür, die Herauskommende steht mit langem blauen Rock und mit weißem Kopftuch und wie wenn jetzt türkische Sprache gesprochen und geschrieben werden müßte. Orientalisch weitertun. Und ich gehe vorbei am Gasthaus mit dem Schild: Keller, vormals Kolar, mit dem wieder zurückwechselnden Laut e/e zu o/a.


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