Astrid Schleinitz Gedichte König Ostwind Wolkensaat flachgezupft mit dem schwebenden Nachtsaum mit dem Überfluß zwischen den Jahren vielversprechende Ästerunen auf dem Weg adernweisendes Blattwerk das der unbeherrscht aufwärts drängende Wind über frostklaren Boden schleift Unsicher Mit dem letzten Rest einer langsamen Anmut übt der Tag das Gleichgewicht läßt auf weißdorngesäumten Wegen einen beifällig nickenden Zischelschatten blühn ratlos geh ich ihm nach auf dem sommerrauhen Fuß unter wucherndem Wolkengebräu das am Himmel macht was es will Ungewißheit über Orte Reisen über die gedachte Linie hinaus o die Nüchternheit von Reisen wo fast alles auf der Strecke bleibt eine Tasche auf den Knieen deren Inhalt mit der Zeit immer unwichtiger wird überzählige Orte wie die dünnblättrigen Sommerblumen nach dem ersten kalten Regen dieses Leuchten zwischen mitleidlos grobem Zeug Schwindel Mit geschlossenen Augen einen haltlosen Garten entrollen ein so sorgloses blaues Tuch himmelhoch ausgebreitet kein Platz für die Füße irgendeinen ordnenden Strich Stilleben Hochaufragende Wolkenterrassen hängende Gärten in blau eine unerwartete kopfstehende Landschaft über klar geschnittenen abgetrennten Lebensstücken im Stein Sommertag II Grünes Einerlei eine Ewigkeit von grün Feengrün über alle Berge soviel Rosen Holunder darin soviel ungegangene Wege früh vor Tag eine Röte eine unerklärliche Scham Raben Später dann löscht der Nebel die Spuren den Weg die hellere Hälfte der Welt keine Zeit für Abschied ist doch alles schon Wiederkehr bodenlos aufgehobenes Blau darin eingesenkt ein runder ein tönender Mond Raben Aschenflügel in die Pappeln geweht Ein mögliches Ziel Ein mögliches Ziel für die Augen den hochfliegenden Blick ein Entzücken das langsam entschlossen hinter den Horizont zieht etwas Wirkliches nachschleift das welke gebeugte Feld mit den abgehauenen Köpfen von allerlei Kohl Von den Inseln Von den fernen den glücklichen Inseln so sagt man hängt manchmal ein Widerschein im Geäst wenn die Rede sich seltsam verzweigt sind sie ganz nah Nicht mehr als das Keine Längen kein Gefühlsbogen der nicht abgetrennt keine weisen Linien hochgebogen am Mund nur ein spitziges Aufprallmoment ganz verdrehter Segmente oder die Erinnerung rundend im Halbschlaf nicht mehr als das (aus: Astrid Schleinitz: Gedichte, in: ZdZ Heft 5) |