Birgit Kempker Mein Onkel sagt Mein Bruder hat eine Frau, drei Kinder und eine Geliebte in Frankreich. Meine Schwester hat einen Mann, vier Kinder und jedes Jahr einen anderen Geliebten in Frankreich, der sie bekocht und beschmust, mit dem sie ins Meer geht und Fernsehen sieht. Sie macht ihm die Wäsche und den Abwasch im Urlaub. Meine Schwägerin hat einen Mann, kein Kind und wechselnde Liebhaber, auch in Frankreich. Sie besteht auf getrennten Ferien. Meine Freundin hält nichts von den Franzosen. Sie hat eine Freundin in Frankreich, oder fahren sie nur hin pour faire l'amour? Mein Schwager hält nichts mehr von der Liebe in Frankreich, auch nicht mit seiner eigenen Frau, weil Frankreich ihn jedes Jahr fetter gemacht hat. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie gut es ihm schmeckte. Meine Mutter mag Frankreich nur zum Durchqueren, dann aber gründlich, wegen der Autos, der Strassen, der Cafés an den Strassen, den billigen Betten und losen Sitten, die fehlen. Sie hat jetzt einen festen Freund und bevorzugt Salzburg. Mein Onkel sagt, die Französinnen erschrecken die deutschen Frauen mit kleinen schwarzen Kostümen, roten Käppchen und dem Darunter. Meine Tante sagt, die Französin wäscht sich nicht. Mein Klempner sagt dazu: - Aber bitte, gnädige Frau, die Franzosen haben doch wenigstens diese Bidets. Als ich heute morgen in Basel pitschnass auf dem Fahrrad den Rhein entlang fuhr und das dritte Mal von einem grauen Herrn mit Hund und Uniform heruntergerissen wurde, weil ich keine Nummer, zu viel Geschwindigkeit hatte oder die falsche Route nahm. Oder einfach zu dicht oder wenig dicht vorbeigefahren bin ohne zu grüssen und Wäscheklemmen in den Hosen stecken hatte, was die ganze Ordnung am Rhein und den Verkehr, alte und junge Leute gefährden würde und ein so schlechtes Vorbild wäre, wankte ich auf den Postboten zu. - Entschuldigen Sie, Hammerstrasse 23? Das war die Strasse, in der der Rektor der Primarschulen sass, wo ich das Kind anmelden wollte, was aber zuvor im Quartier gemeldet sein sollte, was aber nicht möglich ist ohne die Anmeldung beim Rektor in der Primarschule, was dieser leider nicht in die Wege leiten kann, da das Kind keine Papiere besitzt, die seinen Schlafort im Quartier belegen, mal abgesehen davon... noch war ich nicht da. - Ammerstrasse? Bitte folgen Sie mir. Ich folgte dem Postboten blind durch die Stadt. Nahm hinter ihm her gefährliche Kreuzungen ohne abzusteigen wie noch nie im Leben in dieser Stadt. - Ammerstrasse, au revoir und viel Glück, madame. Ich schwöre, hätte er das 'H' nicht weggelassen, ich wäre ihm nicht gefolgt. Hätte mich nicht vom Fleck gerührt und vom nächstbesten Auto erfassen und durch die nasse Luft schleudern lassen, mit einem letzten Blick auf den Rhein. Für Quereinsteiger: Zur Hauptseite von Urs Engeler Editor |