Pressestimmen zu Urs Allemann




Urs Allemann erweist sich in «Holder die Polder» als Sprachzauberer, als zungenfertiger Mixer, der einen aufregenden lyrischen Cocktail präsentiert. Es gelingt dem jüngsten Spross der zweitausendsiebenhundert-jährigen Odendichterfamilie, aus der Fusion des Disparaten, aus alten und neuen Formen, aus Griechentum und Gegenwart, aus Leier und Laptop einen eigenständigen, starken Sound zu kreieren. Chapeau, monsieur le poète!
(Philipp Gut, Tages-Anzeiger)


Urs Allemann versucht die Anmut des fest Umgrenzten, der altehrwürdigen Odenform vor allem, mit dem Holterdiepolter einer im Wortsinne lautstarken, nicht selten deftigen Sprache zu vereinen. Die Fähigkeit, sogar dadaistisch anmutende Sequenzen in die Form der asklepiadeischen Ode zu bringen, hätte Hölderlin (der im Titel angesprochen wird) sicher imponiert.
(Stuttgarter Zeitung, 2002)


Urs Allemann erprobt nun eine motivische Erweiterung und formale Radikalisierung der antiken Form, indem er Bilder der Gewalt und Metaphern des Zerreißens und Schneidens in die Ode einführt, die dort bislang kaum Platz gefunden hatten. Hier konstituiert sich nicht eine Sprache der «ständigen Entzückung», wie sie die traditionelle Lyriktheorie für die Ode vorsieht, sondern eine fragmentarische Sprache der Verstörung und der Glossolalie, die schmerzhafte Einschnitte an Körpern und am Sprachmaterial selbst thematisiert. Die Abfolge der Silben wird konsequent eingehalten, aber zugleich wird die Ode von innen her durch eine brüchige und assoziativ verschlungene Sprachbewegung aufgesprengt.
(Michael Braun, Freitag)


Urs Allemann unternimmt einen Ausbruchs-Versuch, indem er aus der strengen Erfüllung und gleichzeitigen Zersprengung klassischer Gedichtformen buchstäblich eine Zerreissprobe der Sprache entwickelt.
(Michael Braun, Basler Zeitung)


In puncto Genauigkeit können Urs Allemanns Oden mit Fahrplänen locker mithalten. Allemann spürt der antiken Metrik nach, schreibt exakte sapphische, asklepiadeische, alkäische Oden, schöpft aus der Tradition von Hölderlin und Klopstock, ohne dass die strenge Metrik zum Gerüst verkommt. Wichtiger als das handwerkliche Nachbauen ist für Allemann «Sound der Ode». In diesen hat er sich ausgiebig eingelesen, eingehorcht und dann versucht, ihn ins 21. Jahrhundert zu transportieren. Was auch zum Gehalt dieser Lyrik passt, denn, um beim Fahrplan zu bleiben: Allemanns Gedichte sind so genau wie der minutiöseste, allerdings einer, dem neben Ankunfts- und Abfahrtszeiten verpatzte Getränke im Speisewagen, blinde Passagiere, Sex am verstopften WC und Zugunglücke bereits eingeschrieben sind.
(Petra Nachbaur, Der Standard)


Warum also die schwierige Übung? Zum einen wirken die komplizierten Versarrangements weniger einengend, das heisst auch weniger museal, als uns unser angeschlagenes Bildungswissen glauben macht. Zum andern aber kann die geadelte Form – gerade wenn sie die Diskrepanz herausstellt – mit besonderer Deutlichkeit auf die Misere der menschlichen Existenz verweisen, auf das Los von Zerfall und Zeitlichkeit. Denn davon ist bei Allemann die Rede – bitter, witzig, böse klagend ab und zu. Mit ausschweifender Artistik werden Trümmer barocker Tiraden in die Welt geschleudert, als müssten die ausgeklügelten Rhythmen dem stinkenden Chaos ein würdiges Zeit-Mass entgegenhalten.
(Beatrice von Matt, Neue Zürcher Zeitung)


Als «Kauder- und Schauderwelsch» apostrophiert Urs Allemann in einem seiner neuen Gedichte deren Sprache und damit (zugleich selbstironisch und in Lesers Namen) seinen übermütigen, aberwitzigen Umgang mit Wort und Satz: Wie er sie in die Mangel nimmt, zersetzt, zerfetzt; und wie er die Fetzen wieder zusammenfinden lässt, zu verblüffenden neuen Wörtern und Sätzen, solchen von des Autors und seiner ruchlosen Muse Gnaden. – Nichts hingegen verrät die Formel «Kauder- und Schauderwelsch» von der strengen Form, der die Gedichte sich unterziehen (natürlich auch, um dagegen zu verstoßen), auch nichts von der plötzlichen Stille einzelner alarmierend einfacher und verständlicher Sätze und Verse inmitten der Sprach-Turbulenzen (der Gedichtband als Ganzes ist auf ein Leiserwerden zu komponiert). Und sie verrät vollends nichts vom «Erkenntnisgeklirr», das auf Schritt und Tritt hörbar bleibt in den Gedichten; denn das sind sie alle ebenfalls – zerbrochene, zersprungene Erkenntnis, deren Bruchstücke die einstmals unversehrte ahnen lassen.
(Heinz Schafroth)


Was passiert, wenn man alte Strophenformen subversiv attackiert durch die Sprünge und Freizügigkeiten der modernen Lyrik und durch die Mehrsprachigkeit eines Deutsch, das sich mit Baseldytsch sowie Englisch mischt? Das klingt dann streng und anarchisch zugleich, im Gedichtband «schoen! schoen!» von Urs Allemann, einem der kühnsten Poeten unserer Zeit.
(Jörg Drews, Tages Anzeiger)


Dieser Allemannsche Sprachkörper ist eins mit den Desastern des Alltags und der Liebe: die schönsten Ruinen seit langem. Lange nicht mehr hat sich einer mit solcher Intensität auf das metrische Inventar der Dichtung eingelassen und dabei die unserem Sprachdenken und -fühlen innewohnenden, miteinander kommunizierenden Röhrensysteme so offengelegt. Was ist da zu sehen – oder besser: zu hören? Hirnfunkeln, perforierte Welt, «aus Haut zu Tönen hochgewirbelt.» Das ist Musik, zweifellos; mehr als die Summe der einzelnen Teile, «bewusstseinsfern gestaute Melodien»: «Ein Tropfen der nicht platzte aber viel // verbarg als alles ungesehn drin sang / was ungesungen drinnen dich zerstört / hätte. Sieh doch, Blindspur, der Toten Pass / den Herzstempel.» Das ist – eine heute kaum mehr gebräuchliche Kategorie der Literaturkritik: – ergreifend.
(Guido Graf, Die Welt)


Allemann ist nicht einer, der «das Wort ergreift». Er wird ergriffen. Babylonisch durcheinander redend, überrennen seine Verse die Zeilen und Strophen, da bringt er kaum einen Fuss dazwischen. Vielleicht noch ein Komma am falschen Ort: «Aber wenn die Schwester / o ist mir eine! das Unpflügbare den o des Einbruchs des Überstiegs / Furchenmusik! / Glückszeitacker freispreizt / dann erscheint dort wenn des Greis,ach,glatzschädels nimmer / Abergotts Abglanz.» Mit ungeheurer Wucht erkämpfen sich diese Zeilen ihren Raum, stürmen, drängen, schlagen Haken, rufen frech dazwischen, trödeln, machen Umwege, lassen ihren Dichter wo auch immer liegen. Nie hat Urs Allemann in seinen Gedichten das letzte Wort; stets steht bei ihm zuletzt das Wort.
(Samuel Moser, Neue Zürcher Zeitung)


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