Pressestimmen zu Michael Donhauser Das Sehen, so darf man eine Gedichtüberschrift aus dem 1999 erschienenen Band «Sarganserland» übersetzen, wird zum Sehnen, zu einem Blick, der die Dinge illuminiert, bis sie von sich aus zu strahlen beginnen. Mit der allmählichen Erzeugung der Sichtbarkeit werden die Dinge auch als akustische Phänomene erfahrbar, im nahen Klang weitet sich die verloren geglaubte Landschaft zum paradiesischen Raum. Dass die Dinge atmen können, dass sie leuchten, Schatten werfen, aufblühen, duften, dass sie singen, knistern, rieseln, flirren oder rauschen, dass ihnen leicht ihr Leben genommen werden kann – das sind die vielen Voraussetzungen ihrer Wörtlichkeit. Wer wie Michael Donhauser «die Wörtlichkeit der Quitte» aufruft, der wird nicht nur von der materialen Objektivität der Quitte berührt, sondern auch von ihrer sinnlichen Präsenz, von ihrer Ansprechbarkeit und Aussprechbarkeit, vielleicht auch von ihrer Transzendenz. Es macht die Intensität der Texte Michael Donhausers aus, dass sie uns an dieser Glückseligkeit des Sehens teilhaben lassen. (Michael Braun, aus: Das Sehen als eine Glückseligkeit. Kleine Lobrede auf Michael Donhauser, den Christian-Wagner-Preisträger 2002) An den zyklisch verwobenen Gedichten des Hauptpreisträgers Michael Donhauser faszinierte die Inständigkeit, mit der in einer herbstlichen Landschaft die «Schönheit» und Vergänglichkeit der Dinge aufgerufen werden. Donhauers lyrische Protagonisten waren schon immer Fussreisende, die im Gleichmass des Gehens durch die Landschaft ihr Versmass zu finden hofften. Mit grosser Emphase näherten sich auch seine preisgekrönten Gedichte den Phänomenen der Natur, von denen sich das Ich eine metaphysische Erlösung erhofft: «Das Sehnen und Sagen, es wehte durch/ die Fluren, ich suchte und wieder jene / Schneebeere als Gewissheit, die Schlehe / und den Holunder, in der Weite, in dem / Schwellen, Atmen, dem Heben wie von Armen, vollen, weichen, als wäre noch / und getragen so der Himmel, …» Ein vom Geflüster der Natur ergriffenes Ich wäre noch vor einem Jahrzehnt als schwerer Systemfehler der Dichtung moniert worden. In Michael Donhausers Dichtung erhält dieses naturempfindsame Ich wieder ein poetisches Existenzrecht. (Michael Braun zum Preis von Meran 2004) Zu «Sarganserland» Eines jener Bücher, die, in der Hülle der Sprache, weit über die Sprache hinaus gehen. (Peter Waterhouse) Vom Plan einer Phänomenologie der Dinge, einer Kosmogonie der sinnlichen Erscheinungen hat sich der österreichische Dichter Michael Donhauser inspirieren lassen – ohne dabei das genuin Lyrische aufzugeben. Michael Donhauser unternimmt – entgegen allen postmodernen Negationen emphatischer Dichtungskonzepte – den Versuch einer lyrischen Mimesis der Schöpfung. In «Sarganserland» arbeitet Donhauser an der lyrischen Topographie einer Landschaft, des Alpen-Rheintals, in der er eine imaginäre «Heimat» zu verorten versucht. (Michael Braun, Basler Zeitung) Donhausers jüngster Gedichtband «Sarganserland» umfasst zyklisch geordnete Liebes- und Lobgedichte auf Landschaften, die ein gehendes Ich durchstreift, doch sind die einzelnen Texte wesentlich knapper, einfacher, konzentrierter geraten. Auf eine ganz eigene und intensiv andere, fast meditative Weise wird das für jeden Sichtbare angesprochen. (Michael Buselmeier, Freitag) Ganz zuletzt lauscht Michael Donhauser noch einmal alle Aggregatzustände lyrischen Sprechens der Wirklichkeit ab, ein Bedenken, das wieder Grazie geworden ist, Naturkunde als Poetologie. Das ist, als ob Michael Donhauser nicht zu Gott, sondern, unbeirrt stockend, zu einem Gebet betete. (Hermann Wallmann, Süddeutsche Zeitung) Zu «Die Gärten» Es geht nicht um die hängenden Gärten der Semiramis oder den Garten Eden, auch nicht um denjenigen Epikurs und schon gar nicht um den Garten Candides in diesem schmalen und doch unendlich grossen Band. Die Bedeutung bekommen die Baumgruppen, Rasenflächen, Schotterwege, Balustraden, Eisentore, Brunnenanlagen, Teiche und Statuen in Donhausers Prosastücken aus sich selber. Sie sind nicht Orte in der Welt. Die Welt ist in ihnen. (Samuel Moser, Neue Zürcher Zeitung) Mit einer Sprachpräzision, die ihresgleichen sucht, registriert der Lyriker und Rimbaud-Übersetzer seine Sinneseindrücke und die kleinen Vorkommnisse in den öffentlichen Parkanlagen von Paris. Hier ereignet sich wenig, aber gerade so viel, wie es braucht, um der Leidenschaft die Aufmerksamkeit entgegenzusetzen, wach zu werden für die leisen Töne, die diskreten Farben, die flüchtigen Spuren. Von ihnen wird man nicht erfasst und fortgerissen. Sie verpflichten zu feinsten Sprachmitteln, zur Arbeit des Hinaussetzens der Sprache vor den Körper. Das Ereignis dieses dichten Textes ist die Sprache selbst. Sie ist es, die geschieht. (Saïda Keller-Messahli, Weltwoche) Zur Rimbaud-Übersetzung Michael Donhauser übersetzt eine innere Sprache, Rhythmus, Klang. Er vermittelt und verhandelt, verwandelt und verbindet; legt seine Hand über das Scheitern Rimbauds und nährt es mit Zuversicht. (Brigitte Espenlaub zu Michael Donhausers Rimbaud-Übersetzung, Goetheanum) Zu «Vom Schnee» Poetischen Exerzitien, deren Strenge das winterliche Zwielicht überwinden hilft (Der kleine Bund) Michael Donhauser erzählt in 60 Bildern nichts anderes als die Natur. Sein «Ich» wandert und fährt durch Landschaften in den Bündner Bergen, im Rheintal, in Wien. Mit nichts anderem beschäftigt als mit Sehen und Beschreiben. Es ist ein Zyklus vom Einschlafen im Herbst bis zum Erwachen im Frühling. Aus dem Schnee werden bei ihm nicht abstrakte Gedanken, sondern Blüten und Düfte geboren. Und das ist ihm genug. Donhauser braucht keine Geschichte und keine metaphysische Aufladung, er vertraut darauf, mit Sprache Eindrücke wiederzugeben und Schönheit hervorzurufen. (Eva Bachmann, St. Galler Tagblatt) In diesen 60 Antworten auf die Schönheit liegt eine große und anrührende Innigkeit, heilsam, wenn man so will, Interesse weckend, sich neu auf der Erde zu beheimaten und neuen Raum, neue Räume zu schaffen. (Brigitte Espenlaub, Goetheanum) Zu «Vom Sehen» Es ist ein im besten Sinn eigentümliches Schreiben, ein Abschreiten sprachlicher wie dinglicher Ränder. Denn nur dort, vom Rand aus, scheint es noch immer möglich, «mit einem Spaziergang oder einer Lektüre zurück in dide Unverwechselbarkeit der Welt zu finden.» Donhauser unternimmt mit «Vom Sehen» den Versuch, das «Wiederzubringende in einen weiten Sprachraum» zu stellen, der «gestaffelt und offen genug ist, dass Fortschreiten und Beschreiben, Bewegung und Ruhe wechselnd einander entsprechen können.» Und tatsächlich ist hier eine Offenheit am Werk, die Text für Text den Eindruck entstehen lässt, «als wäre selbst die Erkenntnis ein naturhafter Vorgang» – weniger der Akt eines Willens denn die Art eines Werdens. (Mirko Bonné, Frankfurter Rundschau) Der Band versammelt Prosatexte aus den letzten zwölf Jahren seines Schaffens, stellt einen Querschnitt durch sein Werk dar. Es sind weder Essays noch wissenschaftliche Abhandlungen, sondern Texte, die das Sehen «sehen». Texte, in denen das Sehen selber am Werk ist. Die Hände des Dichters sind die Worte. Donhauser, ein ebenso starker Lyriker wie Prosaist, hat nie anders «gesehen» als durch die Schrift. Durch die «Hand»schrift, in der sich innere Bilder gemäss ihrem Rhythmus in äussere übersetzen: in Sprachbilder und Satzlandschaften zunächst, die sich dann in den gesehenen Landschaften fortsetzen. Wenn Donhauser sich schreibend in einer Landschaft zu bewegen beginnt (oder: wenn er eine Landschaft oder eine Landschaft ihn zu bewegen beginnt wie erwachender Wind), wird es weit, weite Welt. Landschaft ist nicht Natur, sondern Kosmos: Ordnung und Schönheit. Es gibt kaputte Landschaften bei Donhauser, aber keine hässlichen. Weil sein Schreiben ein Sehen und kein Beobachten ist, ist es auch kein Werten. Auffallend die Adjektivlosigkeit seiner Beschreibungen. Die Dinge werden nicht qualifiziert, sondern aktualisiert. Sie handeln. Sie zeigen sich im Tun der Worte. Darin liegt das buchstäblich Spektakuläre der Prosa Michael Donhausers. (Samuel Moser, Neue Zürcher Zeitung) Donhauser schreibt eine Prosa mit sparsam gesetzten Punkten. Die Welt ist dem Schauenden ein Kontinuum von Eindrücken, die zueinander finden – zunächst ohne Sinn und Ordnung. Donhauser macht keine Hierarchien, ob er eine Aprikose oder die Frucht einer Frau sieht, ob er ein Gedicht von Rimbaud oder ein Bild von Monet sieht, ob er in Ungarn aus dem Zugfenster sieht oder einen Jodler im Muotatal: Es geht ihm um die Erkundung der Welt mit Hilfe einer Sprache, die mit höchster Genauigkeit beschreibt und für das Unübersetzbare des Sehens und Hören eigene Wörter findet. (Eva Bachmann, St. Galler Tagblatt) Zu «Ich habe lange nicht doch nur an dich gedacht» Mit dieser Sprache erreicht Donhauser etwas, das sich nur noch mit paradoxen Formeln bezeichnen lässt – durch Sprache evozierte Stummheit, Schrift, die nur noch als Klang Bedeutung hat, Fremde als Idylle des Eigenen. Einen Zustand, über den Friedrich Hölderlin einmal schrieb: «Das Eigene ist das Schwierigste.» (Erich Klein, Falter) |