Pressestimmen zu Michael Stauffer





Zu «Normal»:

Michael Stauffer hat sein drittes Buch geschrieben. Und schenkt uns weitere tolle Ideen, was man alles anstellen könnte, wenn man nicht pausenlos mit Arbeit und Einkauf und Freizeit beschäftigt wäre. […] Stauffers Held tut nichts, will nichts, braucht nichts und ist glücklich – ein Affront für eine Gegenwart, die den Willen zum Erfolg und die Lust aufs Neue zur Bürgerpflicht erklärt. […] Auf dem Existenzminimum funktioniert auch Stauffers Sprache. Und diesmal vielleicht sogar am besten. […] Er verknappt seine Sprache ins Äusserste und lässt nur Wörtlichkeiten stehen, Handgreiflichkeiten, radikale Einfachheiten. Wo sich unser Alltag aufbläht mit Superlativen, mit Erlebnis- und Reklamewörtern, da lassen ihm seine ungeheuer lapidaren Sätze die Luft ab. «Es ist wichtig, dass man sich Gedanken macht und diese dann richtig anwendet», sagt Marcel. […] Viel mehr fasziniert an diesem Buch, was es der Gegenwart literarisch entgegenzusetzen hat – die ganze Macht der Lakonie, den trockenen Humor, die Freuden des Banalen und die Logik eines Zeitgenossen, der das Hallenbad dem Hamsterrad von Konsum und Karriere vorzieht und am liebsten so lang im Wasser bleibt, bis seine Haut weiss ist wie der Fugenkitt. (Daniel di Falco, Der Bund)



Zu «I promise …»:

Hier kniet sich einer tief in die Innereien seiner Umwelt und in die Gespinste seines Kopfs: mit der Pedanterie eines Hauswarts, eines Hauswarts seiner selbst. Damit treibt Stauffer den prototypischen Autismus des Schriftstellers in einen faszinierenden Wahnsinn; was sein boshaftes Erzähler-Ich beobachtet und sich ausdenkt, das registriert es in einem hirnrissigen System von Notizen und Fussnoten. Etwa wie sich die Staublandschaft seines Zimmers in Gebiete verschieden beschaffener Staubsorten gliedert. Oder wie seine Hände aus den zu kurz geratenen Ärmeln seines Anzugs schauen «wie verwirrte Maulwürfe». […]
So ist «I promise…» der Zettelkasten eines grotesken Alltags. Darin stecken nicht bloss gut geratene kolumnistische Frechheiten, sondern auch überraschende Imaginationen, die an Urs Widmers fabulierte Reisen etwa in den Kongo oder ins «Enge Land» erinnern. Hinzu kommt eine einsilbige, einnehmend spröde Sprache, die ihre Wirkung in der Spannung zu den Verrücktheiten entfaltet, von der sie erzählt. Und wenn dann in der zweiten Hälfte des Buchs plötzlich Innigkeiten und Enttäuschungen der Liehe auftauchen, so bekommt der Zettelkasten spätestens dann einen Unterboden, auf dem die Manien dieser schwarzen Hauswartsseele mit einem ganz neuen, verletzlichen Ton vibrieren. (Daniel di Falco, Der kleine Bund)


Harmlos fängt alles an, und dann nimmt das Böse seinen Lauf: «Ich bin immer höflich, auch zu Arschlöchern. Nur gelegentlich hätte ich ein bisschen Lust, alles zu zerschlagen.» Heimtückisch schleicht sie sich ein, diese Lust zur Zerstörung, und das mit diebischem Lächeln: In jenen unentwegten Fussnoten, die den Subtext mimen, aber den eigentlichen Ton entfalten. Denn unter dem Gewand der Betrachtungen des Alltäglichen spielt Stauffer mit jenen Obsessionen seiner Mitmenschen, in denen die Neurosen ihre Heimstatt finden. (Claudia Kramatschek, Die Wochenzeitung WOZ)


Mit diesem Buch debütiert ein Autor, von dem man meint, er könne gar nichts falsch machen. Ob das daran liegt, dass er selbst verrückt ist, oder dass er aus der Schweiz kommt und alle Schweizer so schreiben könnten oder dass alle Schweizer verrückt sind, das wäre noch zu untersuchen. (Jochen Schmidt, die tageszeitung)


Inkorporiert ins Weltkulturerbe gehört es. (Tim Schomacker, die tageszeitung)


Michael Stauffers Prosadébut gibt sich ebenso bescheiden wie spektakulär. Auf gerade einmal 82 Seiten, die dafür in 37 Kapitel und 102 Fussnoten unterteilt sind, entfaltet er ein literarisches Universum der besonderen Art. Das schmale Buch Prosa enthält nicht mehr und nicht weniger als die Bestandesaufnahme einer dichterischen Existenz. Etwas verschlampt und flegelhaft ist dieses «Ich», das sich da ausspricht. Und voller Skurrilität und Lakonie sind die Töne, die es anschlägt.
Eindrücklich gelingt Stauffer das Kunststück, aus einem Haufen von gängigen Vorstellungen, die man sich vom halb verschrobenen, halb genialischen jungen Dichter macht, einen Text zu formen, der kurz und bündig ist, substanziell und voller Esprit. […]
Die gewählten Formen sind es, die das Geläufige interessant machen, indem sie es uns wieder entfremden. Hat dies die Moderne auch zur Genüge demonstriert, so bereitet Stauffers Ritt über den Wörtersee darüber hinaus grösstes Vergnügen. Die lakonischen Kleinkapitel und ihre Überformung zu Miniaturen, die wuchernden Fussnoten, der Einbezug von Listen und Tabellen und das aberwitzige Inhaltsverzeichnis lassen «neue Strukturen», «neue Organisationsformen» (so Stauffer) entstehen, die zu provozieren, allenfalls zu faszinieren vermögen. (Reto Sorg, Neue Zürcher Zeitung)


Nachdem ich das Buch gelesen hatte, lief ich in den Copy-Shop, kopierte das schmale Werk zwanzigmal komplett auf DIN A3 hoch und tapezierte mit den Blättern meine Wohnung; die schönsten Sätze ließ ich auf meine Gardinen und Bettwäsche sticken. Seitdem gehe ich nur noch selten aus dem Haus.
Das Buch heißt «I promise when the sun comes up, I promise I'll be true. So singt Tom Waits. Ich will auch Sänger werden», was überhaupt der schönste Buchtitel seit Peter Bichsels «Aber eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen» ist. Gerade mal 82 Seiten lang ist das Buch, aber was Michael Stauffer zu sagen hat, ist keine Literatur, sondern die Wahrheit und nichts als diese: «Ich befinde mich mitten in einer Menschenmenge, einige sind lieb. (Sommerliste 2001 Jos Fritz, Freiburg)


Kaufen, lesen, glücklich werden. (Sommerliste 2001 Jos Fritz, Freiburg)


Es geht um alles, was die Sprache zu packen kriegt – und die Sprache war überall schon mal. Stauffers Versuche, aus dem gewohnten Blick auszuscheren und andere Einteilungen vorzuschlagen, neue Verknüpfungen anzubahnen und skurrile Eingriffe in die Welt einzuleiten, erzeugen einen Irrwitz, der wohltuend ist. Und dass das Erzählte in dieser Form vermutlich keine Wiederholung duldet, ist natürlich ein Grund mehr, sich dieses Büchleins lesenderweise anzunehmen, unverzüglich. (Martin Zingg, drehpunkt #110)


Ich kann Ihnen das wunderbare weiß-gelbe büchlein aus der auch ästhetisch so überzeugenden urs engeler-schmiede nur wärmstens ans herz legen.
mein gott, diese köstliche plastiktütenfahrradlenkstangenggeschichte!
ein kultbuch im stenostil. (Martin Bullinger, Listen #62)


Michael Stauffer, bitte nicht «Sänger werden»! Schriftsteller bleiben! (Petra Nachbaur)


Die Welt als nässender Ausschlag, das Bewußtsein als Schwartenriß, das Ich als Warze im Gesicht des Seins: Ein Solitär erkundet die hintersten Fettecken und Speckfalten des Daseins, frenetisch bis zum Erblassen.
Ein Mensch undefinierbaren Alters hockt im Zimmer, horcht hinab ins Tosen seiner Wut und hinaus ins Rauschen der soziale Idiotie, den Irrsinn der Warenwelt, die Fisimatenten am Rand der Dunstglocke. Sein Blick zeigt das Uhrwerk des Bewußtseins bei der Arbeit. Er seziert bei lebendigem Hirn ein Selbst, das sich nicht mit dem Status Quo abfinden will und 1000 Auswege ersinnt, einer halsbrecherischer als der andere. Uferlos verbreitet er sich über die Schwanenverseuchung der heimischen Gestade, sinnt auf Anschläge und Übergriffe, bastelt Hundeattrappen für seinen Fahrradlenker, ist Universalgelehrter in Sachen Fußpilz und auf Achse als nimmermüder Anwalt des schlechten Geschmacks.
Taugt nicht für einen Roman? Gewiß. Außer man heißt Stauffer, schreibt am Schweizer Schwanensee, schafft es, auf 90 Seiten eine Komplettwelt aufzuspannen, die aus Mundgeruch und schlechter Laune besteht, und ist der rabautzigste Nachfahr Robert Walsers. War jener überkonziliant, so gibt sich dieser hyperunversöhnlich. Keiner, fürwahr, verstimmt die Sprachgitarre so gekonnt wie er. Der Erstling eines Autors, der selbst über den Musenkuß lästern könnte: mit einem fetten Knutschfleck am Arsch. (Michel Mett.er, readme.cc)



Zu «Haus gebaut»:

Michael Stauffer hat etwas vollbracht, was derart ungewöhnlich ist, dass die Frage zu stellen wäre, ob eine derartige Konzeption überhaupt schon mal literarisch verwertet wurde: Er schildert aus der Sicht einer Frau jene Gedanken, die dort ansetzen, wo der Mann glaubt, alles getan zu haben, worum es im Leben geht. Und er tut dies auf eine Weise, die zu denken gibt. (www.sandammeer.at)


Das Buch mutet wie ein zerbrochener Spiegel an, dessen Splitter mit ihren diversen Neigungswinkeln nicht das flache Gegenüber wiedergeben, sondern Ausschnitte aus verschiedenen Blickrichtungen. (Irene Widmer, Berner Zeitung)


Stauffers Sprache ist geprägt von einer Beschränkung aufs monströs Banale, aus und zu Ende gespielt in geradezu brachialer Kunstlosigkeit. In ihrem häufig nur blindwütig zu nennenden Zugriff auf die Setzkästen von Psycho-, Physio- und Selbsterfahrungsjargon gelangt Stauffers Prosa so zu einer Authentizität, für die Vergleiche zu finden nicht leicht fällt. Man meint im Hintergrund eine schlecht gelaunte Gertrude Stein wettern zu hören, auch Laederachs kalte Melancholie schimmert zuweilen durch. Bei Stauffer kommt eine Reduktion auf die performative Gebärde hinzu, in der Form und Botschaft, befremdlicherweise gerade im Rahmen der grossen Themen Liebe und Liebesverlust, zu ziemlich ramponiertem, wenn nicht böswillig zerschlagenem Spielmaterial werden. (Bruno Steiger, Basler Zeitung)


Was Stauffer mit der Sprache und was diese mit ihm treibt, wie mal sanft, dann wieder gedrechselt oder ruppig seine Sätze bewegt, das ist höchst ungewöhnlich und spannend – man kann sich dem schwer entziehen. (Der Bund)


Der Zweitling ist noch dünner geraten, aber auch konsequenter darin, was Stauffers Prosa so spannend macht: dieser Blick fürs unerhört Banale, fürs Groteske des Gewöhnlichen. Und dieser Wille zu einer radikal reduzierten Sprache. Mit ihr gelingen Sätze von betörender Sprödheit. So gibt es in diesem Buch nur wörtliche Bedeutung: keine Leerstellen, kein Geheimnis, nur dieses knochentrockene Konkrete. Was daran spannend ist? Vielleicht, dass die Dinge so in eine Art Nullzustand gelangen und erscheinen wie zum ersten Mal gesagt, gesehen, gefühlt. Stauffers Sprache ist wie ein Stethoskop auf der Oberfläche der Welt. (Daniel die Falco, Tagblatt)


Dieses Buch ist eine Zumutung. Schmal, wie es ist, versammelt es eine Vielzahl von Sätzen, die so unverschämt gut sind, dass man sie kaum aushält. Sätze, die wie Geisselhiebe auf einen niedergehen, stehen neben Sätzen, die zum Schreien komisch sind. Weshalb viele dieser Sätze kaum auszuhalten sind? Weil sie den Schmerz und die Verletzung verhandeln, die das Leben mit sich bringt – dies freilich mit atemberaubender Sprachfreude und hinterhältigem Humor. (Hansjörg Schertenleib, Die Weltwoche)


Stauffers 36 Texte sind keine Puzzleteile, die sich unter grosser Mühe zu einem fertigen Bild zusammensetzen lassen. Eher könnte man sie mit den Glitzerstäbchen eines Kaleidoskops vergleichen – jedes Mal, wenn man sie schüttelt, ergeben sie ein neues Muster. Das klingt vielleicht ein wenig nach blutleerer Artistik, doch Stauffers Sprache ist dermassen lebendig und unverklemmt, dass man das Büchlein gerne immer wieder mal zur Hand nimmt, um in einzelnen Texten neue Aspekte zu entdecken. (Riehener Zeitung)



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