Bin ich schon tot?




Die Sphinx von Pontresina antwortet:

Werf in den Satz dein Gewicht. Du musst dein Gewicht nicht am Bändel führen wie einen Hund, der hier Platzhalter ist für dein Tier, das Masse vertritt, das dich vertritt - dein Gewicht, was heisst: den Dorn im Fettschwanz, erkenn ihn noch nicht.

Du musst keine Kerze unter die Tulpe stellen, ins Fenster, gegen die Gespenster. Am Fühlen ist nichts pferdisches dran, sagt mein Instruktor. «Wenn ich jetzt zu Pferden komme, nenn ich sie Inspektor», sagt Wittgenstein im Traum. Ich sage: transition meat. Mensch, werf dich ins Fleisch. Transitiere. Menschen haben starke Reaktionen. Sie gehen sich an die Nieren. Rauten, Ellipsen und liegende Achten rufen in Gärten nach Füssen. Auch Flüsse. Blutegel wimmeln im Blut und wechseln die Seiten. Vergiss nicht, schreit das Dorf mit Lämmern auf der Wiese: Frühling. Liegende Acht: Unendlichkeit ohne verwirrendes Ende, weiter gehen ohne Kreuzung, ohne Entscheidung, ohne Kreis.

Als ich neulich im Raum stand, fühlte ich mich wohl. Mein Schampegel steigt. Ich fühlte mich wie eine Banane, dachte ich zur Tarnung, das Steigen stieg, nichts half, da stand ich neulich und fühlte mich wohl, viehisch wohl, sagte mein Destruktor, fügte er hinzu, als ob die Nennung des Viehs für Abschwächung sorgt, das Zufügen für Verringerung, des Gefühls. Dieser Satz sah seltsam aus. Der Schampegel hatte die Messlatte gesprengt. Ich wusste, dass es ein Mass gab, das sich rächen würde, und dass ich die Überschreitung sich selbst überlassen muss. Ich wusste, dass ich nicht zurücksehen soll. Dieser Satz sah seltsam aus. Er sah mich an. Verwittert. Ganz anders als das Gefühl.

Erst hatte ich ein Vertrauen, dann hatte ich einen Destruktor. Dazwischen lag mein Mund, das momentan inkarnierteste an und in mir.

Jetzt setzt der Destruktor mir zu. Das Auseinanderreissen durch Zerreissen. Nicht Geologie. Hier war ich der Fels, mir, auf den ich bau, wie ich da steh. Hier war der Raum, in dem ich stand, in dem das Gefühl war, das ich sagen wollte, in mir, auf dem Fels, es wollte raus in den Raum, dem es sich verdankte. Es war das Gefühl, das im Raum war, das in mir war, weswegen der Schampegel barst - oh - das Wort sah mich seltsam an, es wollte raus in den Raum, dem es sich verdankte. Keine Telepathie weit und breit, nur ich mit dem Satz fürs Gefühl.

Ich spürte den Drang, ungenau zu werden, zu wollen, zu sein, und hielt mich zurück. Es war ein Drang wie zehn Pferde. Die von Wittgenstein. Mir war jetzt metamorphotisch, kommt von Pfote. Ich stand mitten vor dieser Pforte, der Satz war: Ich fühlte mich wohl. Der Satz war das Indiz. Der Satz war auch Befehl. Ich war der Inspektor. Darauf ging ich nicht ein. Der Destruktor heulte. Es klaffte dieser Riss zwischen dem, was war, und wie es heisst. Ich sah mich um nach Beweisen, obwohl es haargenau so war, wie wir es kennen, das es immer mit uns ist, wenn wir in Räumen Gefühle haben, erst recht, wenn sie aus diesen stammen. Sie hausen darin.

Manchmal ist es ein Geist. Bei mir war das in Graz. Bei Günther Eich ist es im Schrank und sein Bein. Jetzt zück ich den Herrn der Logik. Ich lese: «Du hast ja auch nicht 'bezaubernd' in der Luft herumliegen gesehen, ohne irgendein Ding, das bezaubernd war, oder etwa doch?»

Lewis Caroll grinste mich an wie seine Katze. Das war sehr in Ordnung. Beruhigung zog in mich ein. Ich war in Begleitung. Ich fühlte mich doppelt wohl. Meine Scham und der dazugehörige Pegel symmetrisierten. Etwas war sehr ausgeglichen, wenn auch in einer sehr anderen Welt. Ich war hier. Diese auch. Du fühlst dich wohl, fragte ich mich lauernd, als hätte ich 'deppert' gesagt. Oder doch? Ich ging auf diese Angriffe durch mich selbst in Zukunft nicht ein. Ich lass mich nicht von meinen eigenen Wegen verschlingen. Hier war der Ort, wo ich mich wohl fühlte. Hier war der Weg nach draussen zu meinem Gewicht. Hier war mein Dorf. Fast hab ich Kopf gesagt. Es ging um einen Ausgang in mich hinein. Es war eine Tunnelsache, nicht Spuk.

Obwohl ich im Raum stand und mir mitteilen wollte, dass ich mich wohl fühlte, fühlte ich mich wohl. Der Fels fühlte sich wohl. Die Brandung fühlte sich wohl. Alles war ich. Jemand anders hätte das nicht gewundert. Ich war auf eine leichte Art komplett. Auf eine mullige Art konfus. Auf eine torfige Art umerdet. Das war das Gefühl. Ins Reine kam ich nicht. Komplett ist nie etwas mit sich allein. Es ging nicht um Worte. «Ein Baby fährt ja auch nicht ganz allein mit dem Zug durch die Nacht.» - oder doch?

Ich schnurrte nicht. Das wär zu einfach gewesen zu sagen, du fühlst dich wohl wie eine Katze. Es war nicht diese Art von Raum und ich nicht diese Art von Person. Ich war eine Person, die es wissen will.

Wusste ich die Bedeutung von Wohlfühlen nicht? Hatte ich ein Gefühl und dafür das falsche Wort? Ich fühlte mich von dem Satz, mit dem ich das Gefühl einkleiden wollte, nicht gedeckt. Sich gedeckt fühlen wollen ist eine ganz primäre Sache. Ohne Deckung bist du erschossen. Erschossen sein ist in deinem Milieu sehr normal. Und doch willst du wild und naturhaft Deckung: du willst die Bestie nicht tot. Du willst sie umhüllen. Kleide sie. Was sind für Hüllen Fleische und wer wohnt darin? Du hast auch nicht Schmerz durch den Raum fliegen sehen, ohne eine zugehörige Person, - oder doch?

Was sind für Worte Säcke? Was sind für Körper Schüsse? In welchen Räumen fühlen sie sich wohl? Hatte ich einen merkwürdigen Tag? Hatte ich etwas geschluckt, was mir innerlich sagte: du fühlst dich wohl, mein Schatz. Sagte ich 'Schatz' zu mir? Hatte ich eine Attrappenbegegnung? Wurde ich getäuscht? Fühlte ich mich nicht wohl? Verspürte ich eine Unruhe? Mangel an Ekstase. Wollte ich, was ich suchte, niederlegen, als hätte es selbst ein Gewicht, um nicht beschwert zu werden davon, was mich erleichtert.

Erleichtert mich mein Gewicht, wenn es draussen ist? Wo ist draussen? Bin ich jetzt dran? Oh - die Wege des Schweren sind leicht. Es war eine Einsekundensache. Pistolenschusszeit. Alles, was ich war, war in diesem Raum auf eine leichte Weise. Zuerst war es schön. Doch nicht für Menschen. Als ich es begreifen wollte, war es ein Schock. Schock heisst: etwas ist vorbei. Mehr geht nicht. Ich war etwas losgeworden und gleichzeitig dabei, es durch etwas viel grösseres, dickeres, fetteres, riesigeres zu ersetzen. Ein dickes Wort fiel in den Raum wie Kröte: Glück.

Du fühlst dich wohl, wenn du aus dir selbst heraustrittst, thats it. Transition-meat. Ich redete wieder englisch. Deutsch war viel zu verfänglich. Ich war mir ein Rätsel. Ich kämpfte. Ich sag nur Kung Fu. Ich fühlte diesen unwiderstehlichen Drang, Blumen zu kaufen. Dieses Drachengefühl. Mit Schaum bin ich fertig. Mit Liebestot ist es aus. Ein bisschen Gefühl im Raum, schon bist du Undine. Ich pfiff mich zurück. Ich hielt meine Wasser in Schach. No flowers today.

Mit Worten hatte ich mein Wohlfühlen verstärken wollen, verdoppeln; und hatte doch aber Angst davor. Ich war in dieser Raumsache eine geschwätzige Natur geworden, sagte ich unbarmherzig zu mir. Ich versuchte die Unbarmherzigkeit abzuschwächen und den Gegenstand meines Unwillens mir selbst gegenüber einzukreisen. Ich stoppte meine Selbstverteufelung. Das ging schwer. Ging es um Architektur? Die Innenbrunnen. Das gestaltbare Glück der Menschen, die in Räumen hausen, die gewichtvermindernd wirken, wirken mögen, oder verstärkend, betonend, es akzentuierend. Welches Gewicht? Was für ein Glück ist es, das Schwerste von sich in der Ecke zu fühlen? Das war nicht die Lösung. Lösung war überhaupt keine Lösung. Es ging nicht um dieses Gewicht. Es ging darum, eine menschliche Reaktion auf einen Raum plausibel zu machen, mir selbst, um daraus Konsequenzen zu ziehen, in Richtung Liebenswürdigkeit, die Bedingung für Freiheit. Was für ein Satz. Was für ein Leben.

Fakt ist meine Faulheit. Ich war faul und fühlte mich wohl. Die Handlung waren die Säcke. Es gab nichts zu tun. Doch dann kam das Grübeln. Ich verordnete mir Genauigkeit, denn es ging um Gewicht. Ich liebte es, da zu stehen, wenig zu tun und viel Gewicht rechts in der Ecke zu fühlen, als ich. Daran lags. Auch das Glück lag daran. Wohlfühlen war wirklich nicht wahr. Ich liebte es, dass Glück Wohlfühlen ist. Ich war eine Schlampe geworden. Eine ungenaue, träge, wollüstige Person.

Ich fühlte mich wohl. Das war zu untersuchen. Ich fühlte mich um ein genaues Gewicht gebracht auf genauso genaue Weise, und das Resultat davon war das Gefühl von Trost. Oder Tor? Trost war das genauere Wort. Erleichterung. Ich fühlte mich leicht und schwerer als sonst, und dies war die Wirkung des Raums, das ich da war, doch frei. Bin ich schon tot, fragte ich mich. Das könnte vieles erklären. Ich war eine kurzsichtige Person. Meine Füsse waren weit weg und draussen. Innen war ich nicht kurzsichtig. Es gehen Dinge dort, die hier nicht gehen. Grosse Trauer darüber. Grosser Wunsch, ein Sack zu sein. Grosses Ertappen: Du bist ein Sack. Wahrscheinlich katholisch. Meine Knochen klapperten. Ich atmete auf. Ich hatte es gesagt. Das war noch nicht alles. Ich glaube nicht, dass der Satz mir davon näher kommt, dass ich die Ohren an die Säcke lege. Ich glaube nicht, dass Näherkommen eine Lösung ist. Ich suchte das Wohlfühlen via Satz, indem ich das Wohlfühlen aufbewahrt hoffte. Säcke sind nicht die Lösung. Wohlfühlen nicht. Nicht als Wort. Ich wiederhole mich. Etwas stimmt mit Lösung nicht. Wenn da ein Problem ist und jemand sagt die Lösung, empfinde ich die Lösung als Gewicht. Diese Art von Gewicht empfinde ich als Problem. Habe ich ein Problem und jemand sagt zwei Lösungen, empfinde ich die Lösung nur noch als halb so schwer.

Glück ist eine schwere Sache, sagst du. Auf dem Klo steht: Axel ist der geilste Sack in Basel. Darunter steht: Ich habe meine Meinung geändert. Der geilste Sack bin ich. Ich fühlte mich wohl. Bin ich schon tot?