Raoul Schrott Kirchstetten vom zug aus streicht man die hügel mit dem ballen der hand flach wie eine folie die kaum am untergrund haftet . auch die scheinwerfer der autobahn übertragen den abstich ihres zirkels nur zur seite des blicks ein abstrich der langsam im bogen abwärts führt und in intervallen den schnee streift . lichter die aus der dämmerung ragen wie sonden auf einem lawinenfeld die zweigestrichenen achtel der kartoffelstauden über der zwischenzeile der schiene auf den mit den nägeln aus dem frost gekratzten äckern in der stummen masse land und seinem gewälzten metall bleibt die fahrt die spiegelung eines fensters . der vorhang flattert über das gesträuch und die schiefen erlen des damms durch den schorf der wiesen die mit der kante des arms von den hängen geschoben werden an den blechschildern vorbei welche jeden kilometer über den paß einer milderen jahreszeit angeben . Kirchstetten . und hinter dem geleisstrang audens haus . vor den leeren bänken steht im abschnitt b der nächste zug 6 07 auf der anzeigentafel . schlaftrunken wird hugerl oder bert drin sitzen einen plastikbecher kaffee in der einen in der anderen gefaltet die paar hundert schilling für einen fick . strich oder freier war ihm wurscht wenn es nur den abgrund nannte und auf dem senkrechten grün jeden ton einzeln . dann jedoch sind es das vitriol der funken an der keramik der generatorenspulen auf dem industrieareal dahinter und die notbeleuchtung des abteils die was real ist zeigen . das kurze zucken eines muskels im galvanischen bad des abends schwefelsäure auf den anatomischen bildern einer begier . sie gebiert diese gefrorenen schollen widerwillig erde bis zum ende der zäune und darüber hinaus den stamm der bäume gegen den wind . eine erinnerung von gestreckten fingern auf dem firn eines felds den mund naß bis zur wange die schließmuskel der lider und zerborstene lippen voll zunge den schlaf im schatten der lehne . und vor dem beschlagenen fenster ist ein viadukt bis dort wo der morgen wieder beginnt fächer von eis über dem fluß güterwaggons block um block voll schrott und geräusch auf den hall in einem tunnel gestimmt der doppler-effekt von maschinen in einer der offenen minen der nacht . für den frequenzbereich des ohres schlägt die nadel auf dem blatt des winters nicht mehr aus atmet auch die lunge in ihrem eisernen korsett nicht mehr ein . in der nächsten geraden auf dem grat der schwellen die sich vorn ins dunkel grätschen bleibt für einen fluchtpunkt lang im liegen nur die geschichte der perspektive bestehen die keine brechung des lichtes stört die darstellung der fläche in einem raum wo man nichts mehr hört Kirchstetten, 8.11.95 Entwurf zu Kirchstetten vom zug aus die hügel mit dem handballen flach gestrichen wie eine folie auf dem untergrund der nacht das neon der lichter der abstrich eines hochofens die autobahn ein abstrich den man von der landschaft zieht abwärts geführt in den schnee der im licht der ersten klasse eine unförmig endlose masse von metall ist und dem ruß auf den winterkartoffeln die ampeln einer stadt wie markierungen auf einem lawinenfeld in der spiegelung des fensters fahre ich über land und die vorhänge flattern über den erlen des damms das gesträuch und die felder mit der kante des arms aus dem frost geschoben aus dem dunkel gedrängt mit der elle in den nebel gestemmt an den blechschildern vorbei welche die kilometer markieren wie pfosten einen paß im winter und sie schläft den kopf in der beuge im geruch nach zigaretten und dreck ihre füße unter den sitz gezwängt im parallelen rückgrat der schienen den gräten der schwellen die sich nach vorn in das dunkel grätschen in ein areal von generatoren die blauen blitze der keramik wie fluglichter über der vorstadt und dem nächsten halt die leeren bänke am bahnsteig gegenüber abschnitt b der nächste zug für 6 07 bereits angezeigt und dann die steppe kupfer und zink der drähte auf den hochspannungsmasten im sauren schwefel des dunkels die mit den nägeln in das eis gekratzten äcker das schwarz ihrer schollen erde erde bis zum ende und darüber hinaus bis zu den stämmen den baumreihen gegen den wind wie ein viadukt in den morgen und die notbeleuchtung des abteils wie ein viereckiger mond der einmal nicht etwas kreist sondern es abzirkelt sie schläft den mund naß bis zur wange den schließmuskeln der lider als bestünden wir nur aus poren aus schweiß und gesicht glänzend wie eis eine erinnerung der arme auf dem firn eines felds zerborstene lippen mit dem mund voll zunge mit dem geschmack nach eisen und wässrigem blut sie schläft sie schläft den schatten der lehne über den augen die schneiden des trägers vom hals bis zum ohr wie mit der säge zerschnitten und jeder tunnel ist eine höhle nur voll von hall der anschwillt und schließlich birgt fächer von eis über dem fluß für einen fluchtpunkt lang im liegen ist der güterzug nur eine schwarze masse aus schrott und geräusch ein doppler-effekt wie die paraphrasen und metastasen des sinns eine wucherung im frequenzbereich des ohres der zug ist die geschichte der perspektive das okularnetz der geleise für ein historienbild der nacht Raoul Schrott in ZdZ 7/8 Für Quereinsteiger: Zur Hauptseite von Urs Engeler Editor |