Hans-Jost Frey Das Zwischen-Wissen Die Übersetzung ist ein Text, der von einem andern Text abhängt, den er auf irgendeine Weise wiederholt. Die Vorlage kann als Vorbild oder Vorwand dienen oder, im Spielraum dazwischen, eine Verbindung beider sein. Fest bleibt nur, dass sich die Übersetzung für eine bestimmte Art von Bezugnahme entscheiden muss. Man kann jede Übersetzung darauf hin befragen, in was für ein Verhältnis zum Vortext sie sich setzt. Vielleicht ist das - im allgemeinen und besonders dann, wenn mehrere Übersetzungen eines selben Textes zu vergleichen sind - die beste Frage, die sich stellen lässt, allerdings nur unter der Bedingung, dass sie frei von wertenden Vorurteilen gestellt wird, durch die zum voraus festgelegt würde, was eine Übersetzung soll und nicht darf. Wie immer beim Lesen kommt es auch hier darauf an, dass man sich von der Vorstellung befreit, man wisse, worauf es ankommt. Die dann erst möglich werdende Einsicht in die denkbaren Arten der Bezugnahme und deren Umsetzung im einzelnen Fall nenne ich, Pastior veruntreuend, das Zwischen-Wissen. Übersetzt wird ein Text. Dieser bietet dem Übersetzer seinen Gehalt und seine Gestalt an. Die Übersetzung muss sich in irgend einem Masse sowohl zu den Lauten und Buchstaben als der Sprachmaterie als auch zu den Bedeutungen als der geistigen Seite des Textes verhalten. Welcher Anteil den beiden Sprachebenen in der Übersetzung zugemessen wird, hängt von der Sprachsituation ab, in der die Übersetzer übersetzen, und zu der sie auf sehr verschiedene Weise Stellung nehmen können. Die Sprachsituation ist die gesellschaftliche Atmosphäre des jeweils selbstverständlich, also fraglos gewordenen Sprachverständnisses, in dessen Geltungsbereich eine mühelose und unanstössige Verständigung zu gelingen scheint. Während die Sprachsituation im alltäglichen Sprachverkehr hingenommen und gefestigt wird, lehnen sich die Dichter gegen das Selbstverständliche auf, nicht weil sie das ablehnen, was für selbstverständlich gehalten wird, sondern weil ihnen seine Selbstverständlichkeit unerträglich ist. Dichtung enthält die permanente Fragwürdigkeit der Sprachsituation. Deshalb ist die Übersetzung des Gedichts - und das heisst: das Gedicht als Übersetzung und die Übersetzung als Gedicht - besonders geeignet, die von der jetzt gerade herrschenden Sprachsituation her selbstverständliche Auffassung vom Übersetzen in Frage zu stellen. Diese Auffassung beruht in einer Zeit, die über alles informiert zu sein über alles stellt, auf dem Glauben an die Möglichkeit einer unproblematischen Sinnvermittlung, die durch das schwierige Verhältnis zwischen den beiden Ebenen der Sprache nicht beeinträchtigt wäre. Unter dem Gesichtspunkt der Information ist die Übersetzung die Vermittlung der Bedeutung in einer andern Sprache. Das setzt voraus, dass die Bedeutung von der Sprache unabhängig ist, in der sie mitgeteilt wird. Im äussersten Fall muss eine so verstandene Übersetzung der materiellen Seite der Sprache überhaupt keine Beachtung schenken, denn sie hat nur das Mitgeteilte zu wiederholen. Versucht man sich nun das Gegenstück zu dieser allzu selbstverständlichen Vorstellung von Übersetzung vorzustellen, so kommt man zur Oberflächenübersetzung. Während die Übersetzung im üblichen Verstand auf die Erhaltung des Sinns ausgerichtet ist und die Sprachmaterie ersetzt, opfert die Oberflächenübersetzung umgekehrt den Sinn und ist bemüht, die Lautgestalt des Textes auf eine andere Bedeutung hin auszulegen. Das ist die Revanche des Sprachklangs an der unbedachten Vereinzelung des Sinns. Obwohl die Oberflächenübersetzung ohne die polemische Bezugnahme auf das, was üblicherweise Übersetzung heisst, schwer vorstellbar wäre, ist sie nicht einfach deren verneinende Umkehrung. Die Übertragung des Sinns von einer Sprache in die andere ist notwendig mit dem Postulat verbunden, der Sinn sei von dem Wortlaut, der ihn mitteilt, ablösbar und könne mit anderen Mitteln wiedergegeben werden. Die Sinnübertragung glaubt an die Sprachunabhängigkeit des Sinns oder muss sie mindestens zu erreichen versuchen. Dem würde auf der Gegenseite die Sinnentleerung der Lautgestalt entsprechen. Eine solche wäre aber ohne jedes Interesse, denn sie wäre der Verzicht auf Sprache überhaupt. Die Oberflächenübersetzung verzichtet keineswegs auf die Bedeutungsfunktion der Sprachlaute, sondern konstituiert sich im Gegenteil als eine unablässige Deutung derselben. Nur weicht eben diese Deutung von der intendierten oder vordergründig wahrscheinlichen ab. Die Oberflächenübersetzung gründet in der Möglichkeit, die Lautgestalt eines Textes anders auszulegen. Eine solche Umdeutung muss aber nicht darin bestehen, dass man in der Lautfolge des Textes Wörter einer andern Sprache sucht, sondern sie kann auch in den Grenzen einer einzigen Sprache stattfinden, weshalb Schuldt seiner deutschen eine englische Oberflächenübersetzung des Gedichts von Hopkins gegenüberstellen kann. Wenn ein Text auf diese Weise - also ausgehend von der Möglichkeit, seine Lautfolge auf andere Wörter hin auszulegen - anders gelesen wird, so kommt etwas von dem zur Erscheinung, was verlorengeht, wenn man den Sinn von der Sprache, die ihn trägt, zu lösen versucht. Diese Trennung schliesst immer die unerkannt oder mit schlechtem Gewissen behauptete Gewissheit ein, man habe verstanden und benötige den Wortlaut nicht mehr. Die Oberflächenübersetzung hingegen entspringt einem offenen Hören auf den Wortlaut, in dem das Vertrauen in eine immer schon gewährleistete Verständigung suspendiert und die Aufnahmebereitschaft nicht vom Schein des Selbstverständlichen behindert ist. Hopkins ist ein Dichter des nicht endenden Aufnehmens. Nichts steht zum vornherein fest; alles bleibt immer neu zu vernehmen und wahrzunehmen. Nicht nur die Sprache, sondern auch das, was durch sie zum Ausdruck gebracht wird, bleibt bewegt und ändert sich ständig, stark oder schwach, laut oder leise, fliessend oder abrupt. In dieser Welt ohne Selbstverständlichkeit fehlt das Statueske. Nichts steht fest und lässt sich ein für alle Male fassen. Auch der Ruf des Kuckucks nicht. In einem Brief berichtet Hopkins über seine Beschäftigung damit: «Ich habe den Kuckucksruf studiert. Es zeigt sich, dass er sehr unterschiedlich ist. Zunächst singt nicht jeder Kuckuck immer (oder der selbe Kuckuck singt nicht immer) auf der gleichen Tonhöhe oder in der gleichen Tonart: es gibt sozusagen den Alt-Kuckuck und den Tenor-Kuckuck. Im besonderen singen sie tiefer beim Fliegen, und auch das Intervall ist dann am kleinsten, weil es sie eine Anstrengung kostet, die höhere Note zu treffen, die deshalb veränderlicher ist als die andere. Wenn sie sich niederlassen, singen sie zunächst falsch, womit ich meine, dass sie ihren ersten Versuch korrigieren, indem sie den oberen Ton erhöhen. Das Intervall schwankt zwischen weniger als einer kleinen Terz und fast einer Quarte, und diese letztere ist die Melodie, wenn der Vogel laut und gut singt.» Diese Art zu hören ist nur dem möglich, der nicht schon zu wissen glaubt, wie der Kuckuck ruft. Auf die gleiche Art kann man Sprache hören. Das Gedicht über den Kuckuck beschreibt dessen Ruf nicht, sondern begnügt sich damit, durch ein lakonisches, fast hilflos wirkendes that darauf hinzuweisen. Aber es kennt eine andere Genauigkeit der Annäherung an das Vogellied, das der Brief mit der technischen Sprache der Musik zu fassen versucht: das Gedicht spricht so, dass es den Kuckucksruf in seine Sprache umsetzt und mit seinen eigenen Mitteln verwirklicht. So wird von der Wiederholung nicht nur gesprochen, sondern sie geschieht im ersten Vers als die Wiederholung des Wortes repeat. Später werden with a ballad, ground, hollow verdoppelt oder verdreifacht. Die Wiederholung kann aber, wie beim Vogel, auch mit einer Veränderung verbunden sein, so etwa wenn hollow in whole nachklingt. Diese Lautvariation hat in mindestens drei der vorliegenden Übersetzungen Spuren hinterlassen. Dass bei Schuldt hohl und hol' sich begegnen, überrascht nicht, da die Erhaltung der Lautstruktur das Prinzip dieser Übersetzung ist. Pastior engt in der Sequenz halden/holunder/hollander/halbe die Entsprechung auf die Konsonanten ein, erreicht aber dadurch, dass die «Halbierung» der «ganzen» Entsprechung in seinem Text nicht nur geschieht, sondern gleich noch gesagt wird. Bei Ingold sind hohl und grosser vokalisch verwandt, aber darüber hinaus wird das Verfahren der variierenden Wiederholung hier unabhängig vom englischen Text selbständig angewendet, wie es die Reihe Holz, rollt, Tal, hohl, Hall vorführt. Dieser eigenständige Rückgriff auf Assonanzen und Allitterationen findet sich auch bei Schrott und Sartorius, bei denen die soeben untersuchte Entsprechung verlorengeht. Dafür liest man bei Sartorius: aus wogendem Wald und Mulden im fallenden Grund, und bei Schrott: hall, kellen voll klang aus der kehlung des hangs, dem/fall... Alle Autoren haben demnach in hohem, obgleich unterschiedlichem Mass die Sprechweise beachtet, die man mit einem Ausdruck, den Hopkins in einem andern Gedicht braucht, cuckoo-echoing nennen könnte, was bedeutet, dass nicht nur das Gedicht vom Kuckuck handelt, sondern dieser als Allegorie des Gedichts aufzufassen ist. Die Übernahme von Lautverbindungen oder Lautwiederholungen aus der einen in die andere Sprache gibt zu einer Überlegung allgemeiner Natur Anlass. Wenn in einer auf Sinnwiedergabe ausgerichteten Übersetzung eine Lautwiederholung wiederholt wird - zum Beispiel des o von hollow/whole, das in hohl/grosser wieder erscheint -, so ist das, in wie abgeschwächter Form auch immer, der selbe Vorgang, der, wenn das Prinzip konsequent durchgehalten wird, zur Oberflächenübersetzung führt. Die Möglichkeit der Oberflächenübersetzung beruht nun aber gerade darauf, dass die Laute in den verschiedenen Sprachen (einmal davon abgesehen, dass es nicht die gleichen Laute sind), einen verschiedenen Wert haben, der vom jeweiligen Sprachsystem her zu bestimmen wäre. Nur weil die gleichen Laute im Deutschen eine andere Stellung als im Englischen haben, kann der englische Text unter annähernder Beibehaltung der Lautfolge in einen deutschen umgewandelt werden, der etwas ganz anderes sagt. Es wäre deshalb eine Illusion zu glauben, die Beibehaltung von Lautstrukturen unter gleichzeitiger Wahrung der Sinnkonstanz komme der vollkommenen Übersetzung nahe. Sogar in begünstigten Ausnahmefällen wie hollow, wo das deutsche hohl das gleiche Wort ist und das o akustisch und graphisch die dumpfe Leere des Lochs auszudrücken scheint, besteht nur eine beschränkte Entsprechung, denn die Wirkung des Sprachlauts ist nur in geringem Masse mimetisch-onomatopoetisch und richtet sich viel eher nach den Beziehungen, die durch die jeweilige Sprache ermöglicht und den jeweiligen Kontext hergestellt werden. So ist das Hohle im englischen Text mit dem Ganzen (whole) verbunden, was sich auf Deutsch nicht wiedergeben lässt, während es in den Übersetzungen (Schrott, Ingold) mit hol', wiederhol', Vogel, Holz, voll, rollt ins Einvernehmen tritt, was semantische Zusammenhänge andeutet, die wiederum im Englischen sich nicht herstellen lassen. Was hier übersetzt wird ist weder nur eine Bedeutung noch der atmosphärische Gehalt eines Wortes, sondern ein Sprachbezug, der sich im beständigen Bestreben zu bewähren versucht, den von der Sprache bereitgestellten Klangähnlichkeiten Sinn zu geben. Dass dieser Sprachbezug ein dichterischer ist, bezeugt der Reim, der ihn auch bei Dichtern, die weniger radikal als Hopkins mit Lautbeziehungen arbeiten, prominent zur Erscheinung bringt. Wenn Hopkins die Wörter rebound, ground und sound als Reim verwendet, so hört die klangliche Übereinstimmung auf, zufällig zu sein und wird zum geballten Ausdruck der Klangerfahrung, die das Gedicht nicht nur bespricht, sondern zugleich auch ist. Hopkins hat die Erfahrung des von der Bodenmulde (ground) zurückgeworfenen (rebound) Kuckucksrufs (sound), die dem Gedicht zugrundeliegt und sich in seine Klanggestalt umgesetzt hat, einige Jahre früher in einer Tagebucheintragung beschrieben: «Zuweilen höre ich den Kuckuck mit wundervoll prallen und flötigen Noten; das ist wenn die Mulde in einem ansteigenden Boden sie empfängt und einhändigt und hinaus schleudert, wie wenn man in eine grosse tönende Wasserkanne bläst -» (Übersetzung von Peter Waterhouse). Von da her ist der Gleichklang der drei Reimwörter nicht nur legitimiert, sondern beinahe gefordert. Hopkins hat nicht nur den Reimen, sondern auch den Fragen des Versbaus besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Seine Überlegungen zum Versrhythmus müssten dem Übersetzer seiner Gedichte zu denken geben, wenn er nicht schon durch die direkte Leseerfahrung einen unreflektierten Zugang zur Struktur der Sprachbewegung findet. Was Hopkins Sprung Rhythm nennt, führt zu Versen von sehr unterschiedlicher Länge, da die Zahl der unbetonten Silben zwischen den Hebungen nicht festgelegt ist. Ein Versfuss kann aus einer einzigen betonten Silbe bestehen, aber es können auch bis vier, und in besonderen Fällen beliebig viele Senkungen zwischen zwei Hebungen auftreten, womit dann, wie in der Musik, eine Beschleunigung des Tempos verbunden ist. Dazu kommt, dass das Versende oft nur durch den Reim markiert ist und mitten in einen Versfuss fallen kann. In vielen Fällen ist eher die Strophe als der Vers die Einheit, die gewahrt wird. Aus all dem ergibt sich nicht nur eine Vielfalt von Ausdrucksmöglichkeiten, sondern häufig auch eine Schwierigkeit zu verstehen, wie ein Vers rhythmisch gemeint ist. In den Handschriften finden sich oft metrische Vortragszeichen, die allmählich auch in den Ausgaben bis zu einem gewissen Grade wiedergegeben werden. Im Kuckucksgedicht betrifft der einzige derartige Hinweis die Schlusszeile, wo Hopkins in whóle lándscape zwei starke Betonungen aufeinanderprallen lässt. So steht die im Klang in eins zusammenschiessende Landschaft plötzlich schon als ganze da, bevor noch gesagt worden ist, wie diese Ganzheit zustandekommt. Es ist, als versuchten die hastig eilenden Päonen der zweiten Vershälfte vergeblich, das im Augenblick der harten Fügung zum Stehen gebrachte Ganze einzuholen. Beim Blick auf die Übersetzungen ist bei dieser Frage die Oberflächenübersetzung wohl am wenigsten zu berücksichtigen, da die Bindung an die Lautfolge kaum Spielraum für die rhythmische Gestaltung lässt. Aber auch die andern Texte haben von den rhythmischen Möglichkeiten, die das englische Gedicht nahelegt, nicht immer Gebrauch gemacht, obwohl die Betonungsverhältnisse im Deutschen Sprung Rhythm im Hopkinsschen Sinn durchaus zulassen würden. Bei Ingold lautet die letzte Zeile: «Ein grosser Klang ist plötzlich da, ist überall.» Das ist ein wohlklingend ebenmässig fliessender Vers, wie diese Übersetzung als ganze, von wenigen Stellen (etwa in der zweiten Zeile) abgesehen, ruhig dahinschreitet, ohne Hindernisse anzutreffen, dadurch aber das Lebhafte und leidenschaftlich Aufgeregte des englischen Gedichts einzuebnen droht. So ist etwa die überlange vierte Zeile: «Von Holz, das rollt, Gerät, das gräbt am Berg, im Tal, der Erdgrund hohl und hohl der Hall» vollkommen ausgewogen, während sich bei Hopkins alles überstürzt, wenn man die Betonungen so legt, wie das Prinzip des Sprung Rhythm nahelegt: «... a rébound/Off trundled tímber and scóops of the hillside gróund, hóllow hollow hollow gróund.» Gegen diesen rhythmischen Tumult kommen keine Jamben auf, in die auch Sartorius im letzten Vers zurückfällt («Auf einen Schlag, mit einem Schall erglüht die Landschaft ganz»), nachdem er im zweitletzten eine grössere rhythmische Vielfalt erreicht hat: «aus wogendem Wald und Mulden im fallenden Grund, hohlem hohlem hohlem Grund.» Eine Vertrautheit mit Hopkins' Theorie und Praxis des Verses ist vielleicht am ehesten bei Schrott spürbar. Sie zeigt sich in der Selbständigkeit, mit der die Hopkinssche Verstechnik hier angewendet wird. Zweimal finden sich Worttrennungen am Versende, was bei Hopkins, wenn auch nicht in diesem Gedicht, häufig vorkommt. Beim dritten Vers (wider-/hall) entspricht das enjambement durchaus dem englischen Text, in dem die Trennung zwischen dem dritten und vierten Vers («... a rebound/Off trundled timber...») zu überlesen ist, weshalb das Off am Versanfang unbetont bleibt. Der Schlussvers lautet bei Schrott: «mit einem ruck wallt landschaft auf, ganz, beim ersten wiederprall.» Hier wird, anders und nicht nachahmend, aber nach dem gleichen Verfahren, etwas von der rhythmischen Intensität des Originals zurückgewonnen. Da es hier, unter anderem wegen den zugrundeliegenden Übersetzungen, die alle einen starken Sinn für die sprachliche Vielschichtigkeit des Gedichts ausweisen, vor allem darum geht, die im allgemeinen weniger beachteten Aspekte der Übersetzung zu beleuchten, gehe ich auf Fragen der Sinnwiedergabe und des Textverständnisses nur am Rande ein. Zum zweifellos schwierigsten Ausdruck des Gedichts - trundled timber - ist zu bemerken, dass Hopkins kaum den Klang von fallendem oder gerolltem Holz einführen wollte, denn dadurch wäre die alles einigende Macht des Kuckuckslieds, dessen Echo das Holz nur zurückwirft, gestört worden. Sartorius kommt auf dieser Ebene dem Gemeinten wohl am nächsten, wenn er mit «aus wogendem Wald» übersetzt. Von Pastiors Text ist bisher kaum die Rede gewesen. Das hat damit zu tun, dass sich das, was in ihm geschieht, schwerer einordnen lässt als bei den andern Beispielen. Es handelt sich zum Teil um eine Oberflächenübersetzung, aber mit Freiheiten und Abweichungen, die andere Möglichkeiten der Bezugnahme auf den englischen Text ermöglichen. Aber dieses Gedicht unterscheidet sich von den andern vor allem dadurch, dass es eine Art Poetik der Übersetzung, die es ist, enthält und diese aus Hopkins' Sprachverständnis zu gewinnen scheint. Die Eigennamen geben einen ersten Hinweis. Namen sind für die Oberflächenübersetzung eine willkommene Hilfe, weil sie nicht bedeuten müssen. Aber wenn open ear wells zu hopkins uns orwell wird, hat das auch einen Sinn: Hopkins ist für uns ein Dichter, der vieles vorweggenommen hat und dadurch eine Art Orwell des Gedichts gewesen ist. Sein Umgang mit der Sprache weist auf Joyce voraus, der gewissermassen der Rolls Royce unter den Schreibenden dieser Richtung wurde, und von dem sich auch Pastior herschreibt. Sein Gedicht gibt nun auch Aufschluss darüber, als was sich eine Übersetzung verstehen kann, welche diese Tradition fortsetzt. Windbruchmaterial ist zunächst die Übersetzung von trundled timber, denn der Windbruch ist der vom Wind umgelegte Baum. Man kann aber das Wort auch auf das als Echo zurückgeworfene Klang- oder Sprachmaterial hin auslegen. Die Übersetzung ist ein solches Echo, welches das Sprachmaterial umformt. Es tut dies im schnalzer (nativ). Die Übersetzung schnalzt alternativ, aber gerade deshalb ist ihr Umgang mit dem zugetragenen Windbruchmaterial nativ, das heisst anfänglich und Neues hervorbringend. Sie ist nicht nur Wiederholung, sondern rollt im Luxuswagen der Sprache vorwärts. Deshalb wiederholt Pastior nicht den wiederholenden Kuckuck, sondern gewinnt aus ihm - schnalzer (nativ) - ein curcubita-Gedicht. Curcubita ist ein Wort, das es nicht gibt. Man könnte es zunächst für einen Verschrieb halten, der den lateinischen Kürbis cucurbita entstellt. Aber selbst wenn es so wäre, liesse sich viel daraus machen. Eine Anspielung auf curculio, «der Gurgler», bei Plautus Name eines Schlemmers, stellt eine Verbindung zum Schnalzer her und mag das Schlemmen im Sprachmaterial evozieren. Aber man kann -cubita auch auf das Zeitwort cubare, «liegen, ruhen», beziehen und lesen: «warum liegen bleiben und ruhen?» Der Kuckuck ist nicht etwas ein für alle Male Festgelegtes, das wiederholt werden muss, sondern Anlass zur Schnalzernative, deren herz(!)schrittmacher er sein kann und hier geworden ist. (Hans-Jost Frey zu den Übersetzungen des Gedichtes repeat that, repeat von Gerard Manley Hopkins in ZdZ 7/8) |